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Steuerberatung

Abgrenzung zwischen Bar- und Sachlohn bei Krankenversicherungsschutz

BFH 7.6.2018, VI R 13/16 u.a.

Die Gewährung von Kran­ken­ver­si­che­rungs­schutz ist in Höhe der Ar­beit­ge­ber­beiträge Sach­lohn, wenn der Ar­beit­neh­mer auf­grund des Ar­beits­ver­trags aus­schließlich Ver­si­che­rungs­schutz, nicht aber eine Geld­zah­lung ver­lan­gen kann. Dem­ge­genüber wen­det der Ar­beit­ge­ber Geld und keine Sa­che zu, wenn er einen Zu­schuss un­ter der Be­din­gung zahlt, dass der Ar­beit­neh­mer mit einem vom ihm be­nann­ten Un­ter­neh­men einen Ver­si­che­rungs­ver­trag schließt.

Der Sach­ver­halt:

Die Frage, ob Bar- oder Sach­lohn vor­liegt, ist für die Frei­grenze des § 8 Abs. 2 S. 11 EStG er­heb­lich. Da­nach sind Sach­bezüge bis 44 € im Ka­len­der­mo­nat steu­er­frei. Für die Ab­gren­zung von Bar- und Sach­lohn ist der auf Grund­lage der ar­beits­ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­run­gen zu er­mit­telnde Rechts­grund des Zu­flus­ses ent­schei­dend.

 

+++ VI R 13/16 +++

In die­sem Fall schloss der Ar­beit­ge­ber des Klägers als Ver­si­che­rungs­neh­mer für die Mit­ar­bei­ter des Un­ter­neh­mens bei zwei Ver­si­che­run­gen (Grup­pen-)Zu­satz­kran­ken­ver­si­che­run­gen für Vor­sor­ge­un­ter­su­chun­gen, sta­tionäre Zu­satz­leis­tun­gen so­wie Zahn­er­satz ab. Die für den Ver­si­che­rungs­schutz des Klägers vom Ar­beit­ge­ber ge­zahl­ten mo­nat­li­chen Beträge blie­ben un­ter der Frei­grenze i.S.d. § 8 Abs. 2 S. 11 EStG. Bei der Fest­set­zung der Ein­kom­men­steuer für das Streit­jahr berück­sich­tigte das Fi­nanz­amt die Ver­si­che­rungs­beiträge bei den Einkünf­ten des Klägers aus nicht­selbständi­ger Ar­beit.

 

Das FG gab der da­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Die Re­vi­sion des Fi­nanz­amts hatte vor dem BFH kei­nen Er­folg.

 

+++ VI R 16/17 (Ur­teil vom 4.7.2018) +++

In die­ser Sa­che in­for­mierte die Kläge­rin in einem "Mit­ar­bei­ter­aus­hang" ihre Ar­beit­neh­mer darüber, ih­nen zukünf­tig eine Zu­satz­kran­ken­ver­si­che­rung über eine pri­vate Kran­ken­ver­si­che­rungs­ge­sell­schaft an­bie­ten zu können. Mit­ar­bei­ter nah­men das An­ge­bot an und schlos­sen un­mit­tel­bar mit der Ver­si­che­rungs­ge­sell­schaft pri­vate Zu­satz­kran­ken­ver­si­che­rungs­verträge ab. Die Ver­si­che­rungs­beiträge wur­den von den Mit­ar­bei­tern di­rekt an die Ver­si­che­rungs­ge­sell­schaft über­wie­sen. Hierfür er­hiel­ten sie mtl. Zu­schüsse von der Kläge­rin auf ihr Ge­halts­konto aus­ge­zahlt, die re­gelmäßig un­ter der Frei­grenze des § 8 Abs. 2 S. 11 EStG blie­ben. Die Kläge­rin berück­sich­tigte die Zah­lun­gen in ih­ren Lohn­steuer-An­mel­dun­gen für den Streit­zeit­raum nicht. Das Fi­nanz­amt setzte die Lohn­steuer so­wie die sons­ti­gen Lohn­ab­zugs­beträge ab­wei­chend fest.

 

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Auf die Re­vi­sion des Fi­nanz­amts hob der BFH das Ur­teil auf und wies die Klage ab.

 

Die Gründe:

 

+++ VI R 13/16 +++

Das FG ist zu­tref­fend da­von aus­ge­gan­gen, dass es sich bei dem vom Ar­beit­ge­ber ver­schaff­ten zusätz­li­chen Ver­si­che­rungs­schutz um Sach­lohn han­delt.

 

Die Frage, ob Bar- oder Sach­lohn vor­liegt, ist u.a. im Hin­blick auf die Frei­grenze des § 8 Abs. 2 S. 11 EStG er­heb­lich. Denn nach die­ser Vor­schrift blei­ben Sach­bezüge außer An­satz, wenn die sich nach An­rech­nung der vom Steu­er­pflich­ti­gen ge­zahl­ten Ent­gelte er­ge­ben­den Vor­teile ins­ge­samt 44 € im Ka­len­der­mo­nat nicht über­stei­gen. Nach der Se­nats­recht­spre­chung ist für die Ab­gren­zung von Bar- und Sach­lohn der Rechts­grund des Zu­flus­ses ent­schei­dend. Auf Grund­lage der ar­beits­ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­run­gen ist zu er­mit­teln, wel­che Leis­tung der Ar­beit­neh­mer vom Ar­beit­ge­ber be­an­spru­chen kann. Ein Sach­be­zug un­ter­schei­det sich von Bar­lohn durch die Art des ar­beit­ge­ber­sei­tig zu­ge­sag­ten und da­her ar­beit­neh­mer­sei­tig zu be­an­spru­chen­den Vor­teils selbst und nicht durch die Art und Weise der Erfüllung die­ses An­spruchs.

 

Kann der Ar­beit­neh­mer le­dig­lich die Sa­che selbst be­an­spru­chen, lie­gen da­her Sach­bezüge i.S.d. § 8 Abs. 2 S. 1 EStG vor, die un­ter den wei­te­ren Vor­aus­set­zun­gen des § 8 Abs. 2 S. 11 EStG außer An­satz blei­ben. Un­er­heb­lich ist dann, ob der Ar­beit­neh­mer die Sa­che un­mit­tel­bar vom Ar­beit­ge­ber erhält oder ob der Ar­beit­neh­mer die Sa­che von einem Drit­ten auf Kos­ten des Ar­beit­ge­bers be­zieht. Es kommt da­her nicht dar­auf an, ob der Ar­beit­neh­mer selbst Ver­trags­part­ner des Drit­ten ge­wor­den ist oder der Ar­beit­ge­ber die Sach­leis­tung beim Drit­ten be­zieht. Hat der Ar­beit­neh­mer da­ge­gen auch einen An­spruch dar­auf, dass sein Ar­beit­ge­ber ihm an­stelle der Sa­che den Bar­lohn in Höhe des Werts der Sach­bezüge aus­be­zahlt, lie­gen auch dann keine Sach­bezüge, son­dern Bar­lohn vor, wenn der Ar­beit­ge­ber die Sa­che zu­wen­det. An die­ser Recht­spre­chung hält der er­ken­nende Se­nat trotz der Einwände des Fi­nanz­amts und des BMF fest.

 

Bei Her­an­zie­hung die­ser Grundsätze hat das FG zu Recht Sach­lohn an­ge­nom­men. Der Kläger hatte le­dig­lich einen An­spruch auf zusätz­li­chen Ver­si­che­rungs­schutz in Ge­stalt von ver­schie­de­nen Vor­sor­ge­un­ter­su­chun­gen, Chef­arzt­be­hand­lung und Un­ter­brin­gung im Zwei­bett­zim­mer so­wie bei Zahn­er­satz, je­doch kei­nen An­spruch auf Aus­zah­lung ei­nes ent­spre­chen­den Geld­be­trags. Da­mit ist ihm kein Gut in Geld, son­dern in Gel­des­wert i.S.d. § 8 Abs. 2 S. 1 EStG zu­ge­flos­sen, das der mtl. Frei­grenze des § 8 Abs. 2 S. 11 EStG un­ter­liegt.

 

+++ VI R 16/17 +++

Das FG ist zu Un­recht da­von aus­ge­gan­gen, dass die von der Kläge­rin an ihre Ar­beit­neh­mer ge­leis­te­ten Beiträge für de­ren pri­vate Kran­ken­zu­satz­ver­si­che­run­gen einen Sach­be­zug dar­stel­len und als sol­cher der Frei­grenze des § 8 Abs. 2 S. 11 EStG un­ter­lie­gen. Es han­delt sich um Bar­lohn.

 

Ein Sach­be­zug liegt nur vor, wenn auch ein ar­beits­recht­li­ches Ver­spre­chen erfüllt wird, das auf Gewährung von Sach­lohn ge­rich­tet ist. Die Kläge­rin hatte ih­ren Ar­beit­neh­mern letzt­lich nur den Kon­takt zu dem Ver­si­che­rungs­un­ter­neh­men ver­mit­telt und bei Ver­trags­schluss einen Geld­zu­schuss ver­spro­chen. Da­mit hatte sie ih­ren Ar­beit­neh­mern - an­ders als im Fall VI R 13/16 - kei­nen Ver­si­che­rungs­schutz zu­ge­sagt.

 

Hin­ter­grund:

Die dif­fe­ren­zie­rende Be­trach­tung des BFH ver­deut­licht die für die Ar­beit­ge­ber be­ste­hende Ge­stal­tungs­frei­heit. Ent­schei­det sich der Ar­beit­ge­ber dafür, sei­nen Ar­beit­neh­mern - wie im Ver­fah­ren VI R 13/16 - un­mit­tel­bar Ver­si­che­rungs­schutz zu gewähren, liegt zwar ei­ner­seits begüns­tig­ter Sach­lohn vor, an­de­rer­seits ist das Po­ten­tial für wei­tere Sach­bezüge an­ge­sichts der mtl. Frei­grenze von höchs­tens 44 € er­heb­lich ein­ge­schränkt. Denn jeg­li­che Über­schrei­tung der Frei­grenze führt zum vollständi­gen Ent­fal­len der Steu­er­frei­heit. Die­sem Ri­siko kann der Ar­beit­ge­ber da­durch be­geg­nen, dass er sei­nen Ar­beit­neh­mern - wie im Ver­fah­ren VI R 16/17 - le­dig­lich einen (von vorn­her­ein steu­er­pflich­ti­gen) Zu­schuss un­ter der Be­din­gung zahlt, dass diese eine ei­gene pri­vate Zu­satz­kran­ken­ver­si­che­rung ab­schließen.

 

Link­hin­weis:

 

  • Die Voll­texte der Ent­schei­dun­gen sind auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
  • Um di­rekt zum Voll­text der Ent­schei­dung VI R 13/16 zu kom­men, kli­cken Sie bitte hier.
  • Um di­rekt zum Voll­text der Ent­schei­dung VI R 16/17 zu kom­men, kli­cken Sie bitte hier.
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