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Verjährung im Falle des Gläubigerwechsels bei ererbtem Pflichtteilsanspruch

BGH 30.4.2014, IV ZR 30/13

Ist der Verjährungs­be­ginn kennt­nis­abhängig, kommt es für Be­ginn und Lauf der Verjährung im Fall des Gläubi­ger­wech­sels zunächst auf den Kennt­nis­stand des ur­sprüng­li­chen Gläubi­gers an. Hatte die­ser die für den Verjährungs­be­ginn er­for­der­li­che Kennt­nis, geht der An­spruch so, also mit in Gang ge­setz­ter Verjährung auf den Rechts­nach­fol­ger über, selbst wenn die­ser die Kennt­nis nicht mit oder erst nach dem Überg­ang des An­spruchs auf ihn erhält.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger macht ge­gen die Be­klagte, seine Schwes­ter, einen Pflicht­teils­an­spruch nach dem Tod des am 27.10.2001 ver­stor­be­nen Großva­ters der Par­teien (Erb­las­ser) gel­tend. Die­ser hatte durch no­ta­ri­el­les Tes­ta­ment vom 1.3.2000 die Be­klagte zur Al­lein­er­bin ein­ge­setzt. Der am 1.3.2002 ver­stor­bene Sohn des Erb­las­sers und Va­ter der Par­teien hatte mit no­ta­ri­el­lem Tes­ta­ment vom 3.6.1996 den Kläger zum Al­lein­er­ben ein­ge­setzt.

Nach dem Tod des Va­ters der Par­teien legte des­sen Witwe ein hand­schrift­li­ches "Ge­mein­sa­mes Tes­ta­ment" mit Da­tum vom 14.10.1997 vor, in dem sich die Ehe­leute ge­gen­sei­tig zu "Al­lein­er­ben" ein­ge­setzt hat­ten und der Va­ter der Par­teien sein Tes­ta­ment vom 3.6.1996 auf­ge­ho­ben hatte. In einem nach­fol­gen­den Rechts­streit wurde die Er­bunwürdig­keit der Witwe we­gen Fälschung die­ses Tes­ta­ments rechtskräftig fest­ge­stellt. Zur Fi­nan­zie­rung die­ses Pro­zes­ses gewährte die Be­klagte dem Kläger im Mai 2005 ein Dar­le­hen. Auf die am 8.4.2009 ein­ge­reichte und am 27.5.2009 zu­ge­stellte Klage er­hebt die Be­klagte die Ein­rede der Verjährung und rech­net hilfs­weise mit Ge­gen­an­sprüchen auf.

LG und OLG ga­ben der Klage dem Grunde nach, aber vor­be­halt­lich der Ent­schei­dung über die von der Be­klag­ten hilfs­weise erklärte Auf­rech­nung, statt. Auf die Re­vi­sion der Be­klag­ten hob der BGH den Be­schluss des OLG auf und ver­wies die Sa­che zur neuen Ver­hand­lung und Ent­schei­dung dort­hin zurück.

Die Gründe:
Das OLG hat den Be­ginn der Verjährungs­frist für den Pflicht­teils­an­spruch, der dem Kläger als Erbe sei­nes Va­ters zu­ge­fal­len ist, falsch be­stimmt.

Im An­satz zu­tref­fend hat es als maßgeb­li­che Rechts­norm für die Verjährung des er­erb­ten Pflicht­teils­an­spruchs ge­gen die Be­klagte § 2332 Abs. 1 BGB a.F. zu­grunde ge­legt. Nach die­ser Vor­schrift verjährte der Pflicht­teils­an­spruch in drei Jah­ren von dem Zeit­punkt an, in wel­chem der Pflicht­teils­be­rech­tigte von dem Ein­tritt des Erb­falls und von der ihn be­einträch­ti­gen­den Verfügung Kennt­nis er­langte, ohne Rück­sicht auf diese Kennt­nis in 30 Jah­ren von dem Ein­tritt des Erb­falls an. Da Pflicht­teils­be­rech­tig­ter zunächst der vom Erb­las­ser ent­erbte Va­ter der Par­teien war, kommt es dar­auf an, ob und wann die­ser vom Tode des Erb­las­sers und der von die­sem verfügten Ein­set­zung der Be­klag­ten als Al­lein­er­bin Kennt­nis er­langte.

Für das Re­vi­si­ons­ver­fah­ren ist zu­guns­ten der Be­klag­ten aus­zu­ge­hen, dass der Va­ter der Par­teien vor sei­nem Tod am 1.3.2002 diese Kennt­nis er­langt hatte. Mit­hin lief be­reits zu Leb­zei­ten des Va­ters der Par­teien die Verjährungs­frist des § 2332 Abs. 1 BGB a.F. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des OLG rich­tete sich nach dem Tod des Erb­las­sers die Verjährung des auf den Kläger über­ge­gan­ge­nen Pflicht­teils­an­spruchs nicht nach § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB a.F. Der Tod des Va­ters der Par­teien hat nichts daran geändert, dass die Verjährungs­frist gem. § 2332 Abs. 1 BGB a.F. wei­ter­ge­lau­fen ist.

Ist der Verjährungs­be­ginn kennt­nis­abhängig, kommt es nach all­ge­mei­ner Auf­fas­sung für Be­ginn und Lauf der Verjährung im Falle des Gläubi­ger­wech­sels gleich aus wel­chem Rechts­grund zunächst auf den Kennt­nis­stand des ur­sprüng­li­chen Gläubi­gers an. Hatte die­ser die für den Verjährungs­be­ginn er­for­der­li­che Kennt­nis, geht der An­spruch so, d.h. mit in Gang ge­setz­ter Verjährung auf den Rechts­nach­fol­ger über, selbst wenn die­ser die Kennt­nis nicht mit oder erst nach dem Überg­ang des An­spruchs auf ihn erhält. Nur wenn der Kennt­nis­stand des Rechts­vorgängers nicht ge­eig­net war, die Verjährung in Lauf zu set­zen, ist auf den Rechts­nach­fol­ger ab­zu­stel­len. Dem­nach hat der Kläger den von sei­nem Va­ter er­erb­ten Pflicht­teils­an­spruch ge­gen die Be­klagte be­las­tet mit schon lau­fen­der Verjährungs­frist er­wor­ben.

Der Rechts­streit ist noch nicht zur Ent­schei­dung reif. Das OLG wird im zwei­ten Rechts­gang zu prüfen ha­ben, ob die Verjährung nach dem Überg­ang des Pflicht­teils­an­spruchs auf den Kläger ge­hemmt war, z.B. durch ein Still­hal­te­ab­kom­men i.S.v. § 205 BGB im Ver­lauf der vom Kläger be­haup­te­ten Ver­ein­ba­run­gen im Ok­to­ber 2002 oder im Zu­sam­men­hang mit dem zwi­schen den Par­teien ab­ge­schlos­se­nen Dar­le­hens­ver­trag im Mai 2005.

Link­hin­weis:

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