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Unechte Factoringleistungen: Keine Steuerbefreiung

FG München 31.8.2016, 3 K 874/14

Zwar hat der BFH mit Ur­teil vom 10.12.1981 (Az.: V R 75/76) ent­schie­den, dass es sich beim un­ech­ten Fac­to­ring-Ge­schäft um eine Mehr­heit von selbstständi­gen Haupt­leis­tun­gen handle, al­ler­dings hat der EuGH mit Ur­teil vom 26.6.2003 (Rs.: C-305/01) und da­mit zeit­lich nach­fol­gend ent­schie­den, dass es kei­nen Grund gebe, der eine Un­gleich­be­hand­lung des ech­ten und des un­ech­ten Fac­to­rings bei der Mehr­wert­steuer recht­fer­ti­gen könne. In der Li­te­ra­tur wird über­wie­gend ge­fol­gert, dass es sich beim un­ech­ten Fac­to­ring um eine - in vol­lem Um­fang steu­er­pflich­tige - ein­heit­li­che Leis­tung han­delt.

Der Sach­ver­halt:
Ge­gen­stand des Un­ter­neh­mens der Kläge­rin sind Ab­rech­nung und Fac­to­ring von ärzt­li­chen Pri­vat­li­qui­da­tio­nen. Die Kläge­rin hatte in den Streit­jah­ren 2005 bis 2007 ihre Leis­tun­gen in zwei ver­schie­de­nen Ver­trags­ge­stal­tun­gen, nämlich der sog. In­kas­sotätig­keit so­wie der sog. Vor­fi­nan­zie­rung, an­ge­bo­ten. Bei der In­kas­sotätig­keit über­nahm sie den Ein­zug der For­de­run­gen im Na­men und für Rech­nung der be­auf­tra­gen­den Ärzte. Beim Ver­trags­mo­dell der Vor­fi­nan­zie­rung ließ sich die Kläge­rin ver­trags­gemäß Ho­no­rar­for­de­run­gen des je­wei­li­gen Arz­tes ge­gen des­sen Pa­ti­en­ten ab­tre­ten und schrieb ihm dafür nach Ein­gang der Be­lege den Rech­nungs­be­trag abzüglich ei­ner Be­ar­bei­tungs­gebühr gut. Die ab­ge­tre­te­nen Ho­no­rar­for­de­run­gen machte die Kläge­rin dann ge­genüber den Pa­ti­en­ten im ei­ge­nen Na­men und auf ei­gene Rech­nung gel­tend.

Bei For­de­rungs­aus­fall bzw. Nichterfüllung in­ner­halb von höchs­tens 90 Ta­gen stand der Kläge­rin ein An­spruch auf Rück­ab­wick­lung des For­de­rungs­kaufs zu. Die Be­ar­bei­tungs­gebühr wurde da­bei mit den ein­zel­nen Auf­trag­ge­bern in­di­vi­du­ell aus­ge­han­delt und setzte sich aus­weis­lich des bei­spiel­haft vor­ge­leg­ten sog. Stamm­da­ten­blatts zu­sam­men aus ei­ner pro­zen­tua­len Ab­rech­nungs­gebühr so­wie ei­ner Vor­fi­nan­zie­rungs­gebühr (Kre­dit­gebühr) i.H.v. 1,2% des je­wei­li­gen Rech­nungs­be­tra­ges.

In ih­ren Um­satz­steu­er­erklärun­gen für die Streit­jahre, die nicht zu­stim­mungs­bedürf­tig wa­ren bzw. de­nen das Fi­nanz­amt im Wege ei­ner all­ge­mein er­teil­ten Zu­stim­mung zu­ge­stimmt hatte, erklärte die Kläge­rin die Be­ar­bei­tungs­gebühren ein­schließlich der Kre­dit­gebühren als Umsätze zum Re­gel­steu­er­satz. Später be­an­tragte sie eine Ände­rung des Um­satz­steu­er­be­scheids für 2005 mit der Begründung, dass die Vor­fi­nan­zie­rungs­gebühren als Ent­gelt für steu­er­freie Umsätze an­zu­se­hen seien. Das Fi­nanz­amt ver­trat al­ler­dings die Auf­fas­sung, dass die Kre­dit­gebühren in vol­lem Um­fang Ent­gelt für steu­er­pflich­tige Leis­tun­gen dar­stell­ten und lehnte den An­trag auf Ände­rung des Um­satz­steu­er­be­scheids für 2005 ab.

Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Al­ler­dings wurde we­gen grund­le­gen­der Be­deu­tung der rechts­sa­che die Re­vi­sion zum BFH zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Das Fi­nanz­amt hatte die Kre­dit­gebühren zu Recht als Ent­gelt für steu­er­pflich­tige Umsätze be­han­delt.

Die von der Kläge­rin im Rah­men des Vor­fi­nan­zie­rungs­ver­trags­mo­dells an ihre Kun­den (Ärzte) er­brach­ten Leis­tun­gen stel­len eine ein­heit­li­che steu­er­pflich­tige Leis­tung dar. Die von ihr in Zu­sam­men­hang mit dem Er­werb von ärzt­li­chen Ho­no­rar­for­de­run­gen ge­gen so­for­tige Zah­lung ei­nes - um die Be­ar­bei­tungs­gebühren ver­min­der­ten - Be­trags er­brach­ten Leis­tun­gen stel­len eine sons­tige Leis­tung ge­gen Ent­gelt dar. In der Zu­wen­dung ei­nes Li­qui­ditätsvor­teils an die Leis­tungs­empfänger (Ärzte) ge­gen eine Vor­fi­nan­zie­rungs­gebühr i.H.v. 1,2% des je­wei­li­gen Rech­nungs­be­tra­ges ist ge­rade keine selbstständige Leis­tung in Form ei­ner steu­er­freien Kre­dit­gewährung nach § 4 Nr. 8a UStG zu se­hen. Al­lein aus dem Um­stand, dass den Ärz­ten ein Li­qui­ditätsvor­teil da­durch ent­steht, dass sie den, um die Kre­dit­gebühr, ge­min­der­ten Kauf­preis der For­de­rung be­reits vor Ein­zie­hung der For­de­rung er­hal­ten, kann noch nicht ge­fol­gert wer­den, dass es sich hier­bei um eine ei­genständige steu­er­freie Kre­dit­gewährung han­delt. Die Zins­zah­lung (Kre­dit­gebühr) für die Vor­fi­nan­zie­rung stellt in­so­weit al­len­falls einen Teil des steu­er­pflich­ti­gen Ent­gelts für die Fac­to­ring-Leis­tung der Kläge­rin dar.

Die­ses Er­geb­nis steht auch in Ein­klang mit der EuGH-Recht­spre­chung. Zwar hat der BFH mit Ur­teil vom 10.12.1981 (Az.: V R 75/76) ent­schie­den, dass es sich beim un­ech­ten Fac­to­ring-Ge­schäft um eine Mehr­heit von selbstständi­gen Haupt­leis­tun­gen handle, da kei­ner der auf­geführ­ten Leis­tun­gen ein leis­tungs­be­stim­men­der Cha­rak­ter bei­zu­mes­sen sei, dem­ge­genüber alle übri­gen Leis­tun­gen als un­selbstständige Ne­ben­leis­tun­gen die­ser Haupt­leis­tung zurückträten, und dem­zu­folge für die Kre­dit­gewährung gem. § 4 Nr. 8a UStG Steu­er­be­frei­ung in An­spruch ge­nom­men wer­den könne. Der EuGH hat je­doch mit Ur­teil vom 26.6.2003 (Rs.: C-305/01) und da­mit zeit­lich nach­fol­gend - wenn­gleich be­zo­gen auf die Fra­gen des Vor­lie­gens ei­ner wirt­schaft­li­chen Tätig­keit so­wie ei­ner nicht der Steu­er­be­frei­ung un­ter­fal­len­den Ein­zie­hung von For­de­run­gen bei ech­tem Fac­to­ring - ent­schie­den, dass es kei­nen Grund gebe, der eine Un­gleich­be­hand­lung des ech­ten und des un­ech­ten Fac­to­rings bei der Mehr­wert­steuer recht­fer­ti­gen könne.

In der Li­te­ra­tur wird aus die­sem EuGH-Ur­teil über­wie­gend ge­fol­gert, dass es sich beim un­ech­ten Fac­to­ring dem­zu­folge um eine - in vol­lem Um­fang steu­er­pflich­tige - ein­heit­li­che Leis­tung han­delt, zu­mal da der EuGH - an­ders als der Ge­ne­ral­an­walt in sei­nem Schlus­san­trag - seine Ausführun­gen in Be­zug auf den Sta­tus des Fac­to­ring nach Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 3 a.E. der 6. EG-Richt­li­nie ausdrück­lich auch auf das un­echte Fac­to­ring er­wei­tert hat, das je­doch Züge ei­nes Kre­dit­ge­schäftes trägt. Da es klärungs­bedürf­tig ist, ob der BFH an sei­nen mit Ur­teil vom 10.12.1981 für den Fall des un­ech­ten Fac­to­rings ent­wi­ckel­ten Rechts­grundsätzen im Hin­blick auf das EuGH-Ur­teil noch festhält, wurde die Re­vi­sion zu­ge­las­sen.

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