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Unanwendbarkeit des ErbStG bei nicht fristgerechter Neuregelung?

Mit Ur­teil vom 17.12.2014 (Az. 1 BvL 21/12, BStBl. II 2015, S. 50) setzte das BVerfG dem Ge­setz­ge­ber eine Frist bis 30.6.2016, die in Tei­len als ver­fas­sungs­wid­rig be­ur­teil­ten Re­ge­lun­gen zur erb­schaft­steu­er­li­chen Begüns­ti­gung von Be­triebs­vermögen durch ent­spre­chende Neu­re­ge­lun­gen zu er­set­zen. Da ein ge­setz­ge­be­ri­sches Han­deln in­ner­halb die­ser Frist noch nicht si­cher ist, stellt sich die Frage, wel­che Fol­gen ein Über­schrei­ten der Frist ha­ben kann.

Zwar äußerte sich Pres­se­mel­dun­gen vom 31.3.2016 zu­folge der Spre­cher des BVerfG da­hin­ge­hend, dass eine erst nach dem 30.6.2016 er­fol­gende Re­ak­tion des Ge­setz­ge­bers ohne Aus­wir­kun­gen sei. Das bis­he­rige Erb­schaft­steu­er­ge­setz sei wei­ter­hin an­zu­wen­den. Zahl­rei­che Ver­tre­ter aus Wis­sen­schaft und Pra­xis ha­ben hin­ge­gen zwi­schen­zeit­lich ver­mehrt die Auf­fas­sung geäußert, dass mit dem Ver­strei­chen­las­sen der vom BVerfG ge­setz­ten Frist, das ErbStG ins­ge­samt nicht mehr an­wend­bar sei.

Hinweis

Sollte der Ge­setz­ge­ber erst nach dem 30.6.2016 Neu­re­ge­lun­gen be­schließen, ist aber da­mit zu rech­nen, dass diese rück­wir­kend be­reits auf Er­werbe ab dem 1.7.2016 zur An­wen­dung kom­men sol­len, auch wenn die ver­fas­sungs­recht­li­che Zulässig­keit ei­ner sol­chen Rück­wir­kung nicht ab­schließend geklärt ist.
Sind Vermögensüber­tra­gun­gen im Rah­men der vor­weg­ge­nom­me­nen Erb­folge ge­plant, könnte ggf. durch eine Über­tra­gung erst nach dem 1.7.2016 die Chance der Nicht­an­wend­bar­keit des ErbStG und da­mit die der Steu­er­frei­heit ge­nutzt wer­den. Da je­doch eine rück­wir­kende An­wen­dung der ge­setz­li­chen Neu­re­ge­lun­gen wahr­schein­lich ist, ist mit ei­ner nachträgli­chen Fest­set­zung von Erb­schaft­steuer auf Ba­sis die­ser Neu­re­ge­lun­gen zu rech­nen, ge­gen die ggf. mit Rechts­mit­teln vor­zu­ge­hen wäre.

Hinweis

Im Fall von Be­triebs­vermögen ist zu­dem zu be­ach­ten, dass mit einem Ver­schie­ben von ge­plan­ten Über­tra­gun­gen nach dem 30.6.2016 das bis­he­rige Recht, das in vie­len Fällen güns­ti­ger sein dürfte als die ge­plan­ten Neu­re­ge­lun­gen, nicht mehr zur An­wen­dung kommt und so­mit die Ge­fahr ei­ner höheren Steu­er­be­las­tung durch die et­waig rück­wir­kend an­zu­wen­den­den Neu­re­ge­lun­gen be­steht.

Bei zu über­tra­gen­den Pri­vat­vermögen, z. B. Im­mo­bi­lien im Pri­vat­vermögen oder Bar­vermögen, dürfte durch die ge­plan­ten Neu­re­ge­lun­gen keine im Ver­gleich zum jet­zi­gen Ge­set­zes­stand höhere Steu­er­be­las­tung dro­hen, so dass hier ggf. die Chance der Steu­er­frei­heit durch Über­tra­gung nach dem 30.6.2016 ge­nutzt wer­den könnte. Bei rück­wir­ken­der An­wen­dung der ge­plan­ten Neu­re­ge­lun­gen und ent­spre­chen­der nachträgli­cher Steu­er­fest­set­zung dürfte al­ler­dings wie­derum das Ein­spruchs­ver­fah­ren zu durch­lau­fen und der Kla­ge­weg zu be­schrei­ten sein, um die Möglich­keit der Steu­er­frei­heit zu wah­ren.

Al­ler­dings bleibt ab­zu­war­ten, ob das BVerfG im Rah­men ei­ner sog. Voll­stre­ckungs­an­ord­nung die ge­setz­ge­be­ri­sche Re­form­frist über den 30.6.2016 hin­aus verlängert und die Wei­ter­gel­tung der bis­he­ri­gen Rechts­lage an­ord­net.

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