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PKW-Entnahme aus Unternehmen in privaten Bereich mit anschließender Drittland-Ausfuhr keine steuerfreie Ausfuhrlieferung

BFH 19.2.2014, XI R 9/13

Ent­nimmt ein Un­ter­neh­mer einen PKW aus sei­nem Un­ter­neh­men in sei­nen nicht­un­ter­neh­me­ri­schen (pri­va­ten) Be­reich und befördert ihn später in ein Dritt­land, so stellt dies we­der nach na­tio­na­lem Recht noch nach Uni­ons­recht eine steu­er­freie Aus­fuhr­lie­fe­rung dar. Da bei ei­ner Ent­nahme (hier: i.S.d. Art. 16 der MwSt­Sys­tRL) kein Ver­kauf statt­fin­det, exis­tiert auch kein Verkäufer, durch den oder auf des­sen Rech­nung der Ge­gen­stand ver­sandt oder befördert wor­den sein könnte.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger be­trieb im Streit­jahr 2009 als "ein­ge­tra­ge­ner Kauf­mann" bzw. "e.K." i.S.d. § 19 Abs. 1 Nr. 1 HGB eine Im­mo­bi­li­en­ver­wal­tung. Im Mai 2008 er­warb er einen PKW des Typs Bent­ley Con­ti­nen­tal GTC für rund 168.067 € zzgl. 31.932 € Um­satz­steuer. Er ord­nete den PKW in vol­lem Um­fang sei­nem Un­ter­neh­mens­vermögen zu und nahm den Vor­steu­er­ab­zug vor, den das Fi­nanz­amt aber nur i.H.v. 87,66 % zum Ab­zug zu­ließ.

Im No­vem­ber 2008 ver­legte der Kläger sei­nen pri­va­ten Wohn­sitz in die Schweiz. Im Fe­bruar 2009 ent­nahm er den PKW aus sei­nem Un­ter­neh­men in sei­nen nicht­un­ter­neh­me­ri­schen (pri­va­ten) Be­reich. Die Be­mes­sungs­grund­lage die­ser Ent­nahme wurde auf 105.000 € ge­schätzt. Er er­teilte un­ter der deut­schen Firma sich selbst (an die Pri­vat­an­schrift in der Schweiz) eine Rech­nung. Um­satz­steuer wies er da­bei nicht aus. Im März 2009 wurde der PKW auf einem LKW in die Schweiz aus­geführt. Die Zoll­behörden der Schweiz er­ho­ben auf­grund der Ein­fuhr Mehr­wert­steuer und Au­to­mo­bil­steuer.

Der Kläger be­han­delte die Ent­nahme des PKW zunächst als eine auf­grund von § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG im In­land um­satz­steu­er­pflich­tige un­ent­gelt­li­che Wert­ab­gabe (Ent­nahme). Später über­mit­telte er dem Fi­nanz­amt eine kor­ri­gierte Um­satz­steuer-Vor­an­mel­dung für den Mo­nat De­zem­ber 2009, in der er die steu­er­pflich­ti­gen Umsätze um 105.000 EUR ver­rin­gerte und die Ent­nahme als steu­er­freien Um­satz mit Vor­steu­er­ab­zug an­mel­dete. Er ver­trat die Auf­fas­sung, die Ent­nahme des PKW sei nach § 4 Nr. 1a i.V.m. § 6 UStG als Aus­fuhr­lie­fe­rung steu­er­frei. Die Steu­er­behörde folgte die­ser Ein­schätzung je­doch nicht, weil nach § 6 Abs. 5 UStG für un­ent­gelt­li­che Wert­ab­ga­ben die Steu­er­be­frei­ung für Aus­fuhr­lie­fe­run­gen aus­ge­schlos­sen sei. Der Kläger be­rief sich wie­derum dar­auf, dass der Um­satz nach Art. 146 Abs. 1a der Richt­li­nie 2006/112/EG (MwSt­Sys­tRL) um­satz­steu­er­frei sei.

Das FG wies die Klage ab. Auch die Re­vi­sion des Klägers vor dem BFH blieb er­folg­los.

Die Gründe:
Das FG hatte zu­tref­fend ent­schie­den, dass die Ent­nahme des PKW so­wohl nach den Vor­schrif­ten des na­tio­na­len Rechts als auch nach den ein­schlägi­gen Be­stim­mun­gen des Uni­ons­rechts im In­land um­satz­steu­er­bar und um­satz­steu­er­pflich­tig war. Der strei­tige Um­satz war nach na­tio­na­lem Recht schon des­halb um­satz­steu­er­pflich­tig, weil § 6 Abs. 5 UStG die An­wen­dung des § 6 UStG auf Umsätze i.S.d. § 3 Abs. 1b UStG aus­schließt. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Klägers folgte ein an­de­res Er­geb­nis auch nicht aus den ein­schlägi­gen Be­stim­mun­gen des Uni­ons­rechts (Art. 16, 31 f., 146 der MwSt­Sys­tRL).

Nach der Recht­spre­chung des V. Se­nats des BFH (vgl. Be­schl. v. 5.10.1993, Az.: V B 58/93) ist auch nach Uni­ons­recht die Ent­nahme ei­nes Ge­gen­stands keine steu­er­freie Aus­fuhr­lie­fe­rung i.S.d. Art. 15 Nr. 1 der Richt­li­nie 77/388/EWG. Zwar würden un­ent­gelt­li­che Zu­wen­dun­gen un­ter den im Uni­ons­recht ge­nann­ten wei­te­ren Be­din­gun­gen ei­ner Lie­fe­rung ge­gen Ent­gelt gleich­ge­stellt; dies be­sage aber nicht, dass der Zu­wen­dende auch "Verkäufer" i.S.d. Art. 15 Nr. 1 der Richt­li­nie 77/388/EWG sei. Nichts an­de­res gilt nach Auf­fas­sung des er­ken­nen­den Se­nats im Hin­blick auf Art. 146 Abs. 1a der MwSt­Sys­tRL: Da bei ei­ner Ent­nahme (hier: i.S.d. Art. 16 der MwSt­Sys­tRL) kein Ver­kauf statt­fin­det, exis­tiert auch kein Verkäufer, durch den oder auf des­sen Rech­nung der Ge­gen­stand ver­sandt oder befördert wor­den sein könnte. Eine An­wen­dung des Art. 146 Abs. 1a der MwSt­Sys­tRL auf Ent­nah­men für den pri­va­ten Be­darf des Steu­er­pflich­ti­gen schei­det des­halb aus.

Der er­ken­nende Se­nat schließt sich des­halb auch un­ter Berück­sich­ti­gung der zwi­schen­zeit­lich er­gan­ge­nen EuGH-Recht­spre­chung der Auf­fas­sung im BFH-Be­schluss an. Denn nur diese Aus­le­gung ent­spricht dem Zweck des Art. 16 der MwSt­Sys­tRL (Art. 5 Abs. 6 der Richt­li­nie 77/388/EWG), die Gleich­be­hand­lung des Steu­er­pflich­ti­gen, der einen Ge­gen­stand sei­nes Un­ter­neh­mens für pri­vate Zwecke ent­nimmt, und ei­nes gewöhn­li­chen Ver­brau­chers zu gewähr­leis­ten, der einen gleich­ar­ti­gen Ge­gen­stand kauft. Ein Steu­er­pflich­ti­ger, der beim Kauf ei­nes sei­nem Un­ter­neh­men zu­ge­ord­ne­ten Ge­gen­stands die Mehr­wert­steuer ab­zie­hen konnte, soll der Zah­lung der Mehr­wert­steuer nicht ent­ge­hen, wenn er die­sen Ge­gen­stand dem Vermögen sei­nes Un­ter­neh­mens für sei­nen pri­va­ten Be­darf oder den sei­nes Per­so­nals ent­nimmt, und da­her ge­genüber dem End­ver­brau­cher, der den Ge­gen­stand un­ter Zah­lung von Mehr­wert­steuer er­wirbt, un­ge­recht­fer­tigte Vor­teile ge­nießen.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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