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Gegenstand eines Vorvermächtnisses bei der Erbschaftsteuer

FG Düsseldorf 22.11.2016, 4 K 2949/14 Erb

§ 2191 Abs. 2 BGB ver­weist zwar nicht auf § 2119 BGB. Gleich­wohl kann ein ähn­li­ches Er­geb­nis durch die An­ord­nung ei­ner Tes­ta­ments­voll­stre­ckung er­reicht wer­den, ohne dass die hier­durch begründete Ver­pflich­tung des Tes­ta­ments­voll­stre­ckers, einen Geld­be­trag mündel­si­cher an­zu­le­gen, daran et­was zu ändern ver­mag, dass die­ser Geld­be­trag Ge­gen­stand ei­nes Vor­vermächt­nis­ses sein kann.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger ist der Ge­samt­rechts­nach­fol­ger der 1925 ge­bo­re­nen A. Diese war die Schwes­ter der 1924 ge­bo­re­nen Erb­las­se­rin B. Diese hatte im Mai 2000 ein ei­genhändi­ges Tes­ta­ment er­rich­tet, mit dem sie ihre Pa­ten­kin­der C. und D. zu ih­ren Er­ben ein­setzte. Fer­ner verfügte sie un­ter Nr. 2 ih­res Tes­ta­ments:

"Aus mei­nem Vermögen erhält meine Schwes­ter A. als Vor­vermächt­nis einen Geld­be­trag i.H.v. 500.000 DM so­wie den als An­lage zu die­sem Tes­ta­ment auf­ge­lis­te­ten Schmuck mei­ner Mut­ter. Der Tes­ta­ments­voll­stre­cker soll den Be­trag treuhände­ri­sch an­le­gen und zwar mündel­si­cher i.S.d. Vor­schrift über die Vor­mund­schaft. Die Früchte der An­lage, ins­be­son­dere Zin­sen, Di­vi­den­den usw. sol­len zwei­mal im Jahr an meine Schwes­ter aus­ge­zahlt wer­den. Auch kann diese ver­lan­gen, dass ihr je­weils zum 31.12. ei­nes je­den Jah­res 50.000 DM aus dem vor­han­de­nen Ka­pi­tal­be­trag zusätz­lich aus­ge­zahlt wer­den.

Nach­vermächt­nis­neh­mer nach dem Tod mei­ner Schwes­ter ist Frau E."

Die Erb­las­se­rin ord­nete un­ter Nr. 3 ih­res Tes­ta­ments Tes­ta­ments­voll­stre­ckung für die Durchführung ih­rer letzt­wil­li­gen Verfügung "ein­schließlich des Vor- und Nach­vermächt­nis­ses" an. Die Erb­las­se­rin ver­st­arb im Jahr 2009. Das be­klagte Fi­nanz­amt setzte ge­gen A. 70.680 € Erb­schaft­steuer fest. Da­bei setzte es einen Er­werb durch Vermächt­nis von 255.646 € an. Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Al­ler­dings wurde die Re­vi­sion zum BFH zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Das Fi­nanz­amt hatte die Erb­schaft­steuer zu Recht und in zu­tref­fen­der Höhe fest­ge­setzt.

Die Erb­schaft­steuer für den Er­werb durch ein Vor­vermächt­nis ent­steht - wie all­ge­mein bei Vermächt­nis­sen - nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG mit dem Tod des Erb­las­sers. Im vor­lie­gen­den Fall war mit­hin für den Er­werb der A. in der Ge­stalt des Vor­vermächt­nis­ses gem. § 2191 BGB nach den §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 6 Abs. 1 u. 4 so­wie 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG mit dem Tod der Erb­las­se­rin im Jahr 2009 die Erb­schaft­steuer ent­stan­den. An­ders als der Kläger meinte, war Ge­gen­stand die­ses Er­werbs nicht nur der in dem Tes­ta­ment der Erb­las­se­rin ge­nannte Schmuck und ein An­wart­schafts­recht der A. auf jähr­li­che Aus­zah­lung von Teil­beträgen ge­we­sen. Viel­mehr be­zog sich der Ge­gen­stand des Vor­vermächt­nis­ses auch auf den Ka­pi­tal­be­trag von 500.000 DM.

Bei der Aus­le­gung des Tes­ta­ments war auf den Zeit­punkt der Er­rich­tung der letzt­wil­li­gen Verfügung ab­zu­stel­len. Dann hätte A. den Ka­pi­tal­be­trag von 500.000 DM vollständig er­hal­ten können. Eine wei­ter­ge­hende Ein­schränkung des ihr ein­geräum­ten Aus­zah­lungs­rechts ent­hielt die letzt­wil­lige Verfügung der Erb­las­se­rin nicht. Die an die Tes­ta­ments­voll­stre­cke­rin ge­rich­tete An­ord­nung, den Ka­pi­tal­be­trag von 500.000 DM treuhände­ri­sch und mündel­si­cher an­zu­le­gen, stand der An­nahme, dass die­ser Be­trag Ge­gen­stand des Vor­vermächt­nis­ses sein sollte, nicht ent­ge­gen. § 2191 Abs. 2 BGB ver­weist zwar nicht auf § 2119 BGB. Gleich­wohl kann ein ähn­li­ches Er­geb­nis durch die An­ord­nung ei­ner Tes­ta­ments­voll­stre­ckung er­reicht wer­den, ohne dass die hier­durch begründete Ver­pflich­tung des Tes­ta­ments­voll­stre­ckers, einen Geld­be­trag mündel­si­cher an­zu­le­gen, daran et­was zu ändern ver­mag, dass die­ser Geld­be­trag Ge­gen­stand ei­nes Vor­vermächt­nis­ses sein kann.

Zwar wurde auf­grund der Re­ge­lun­gen des § 6 Abs. 1 u. 4 ErbStG der­selbe Vermögens­ge­gen­stand mehr­fach be­steu­ert. Das ent­sprach je­doch der Ge­set­zes­lage und es be­stan­den auch keine ver­fas­sungs­recht­li­chen Be­den­ken ge­gen die Be­steue­rung des Er­werbs des Vor­vermächt­nis­neh­mers. Eine An­rech­nung der ge­genüber A. fest­ge­setz­ten Steuer käme zu­dem al­len­falls bei der Be­steue­rung des Nach­vermächt­nis­ses nach der im Streit­fall al­ler­dings nicht ein­schlägi­gen Aus­nah­me­be­stim­mung des § 6 Abs. 3 S. 2 u. Abs. 4 ErbStG in Be­tracht. So­mit war A. als Er­wer­be­rin des Vor­vermächt­nis­ses gem. § 20 Abs. 1 S. 1 ErbStG Steu­er­schuld­ne­rin ge­wor­den. Die Steu­er­schuld­ner­schaft war gem. § 45 Abs. 1 S. 1 AO mit ih­rem Tod auf den Kläger als Ge­samt­rechts­nach­fol­ger über­ge­gan­gen. Das be­klagte Fi­nanz­amt mus­ste im Streit­fall nicht im Rah­men ei­ner Ge­samt­schuld­ner­aus­wahl in Erwägung zie­hen, die Erb­schaft­steuer für das Vor­vermächt­nis ge­gen die Nach­vermächt­nis­neh­me­rin fest­zu­set­zen.

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