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Aktuelles

Ausmaß der an die Kaduzierung anknüpfenden Haftung eines Rechtsvorgängers

BGH 19.5.2015, II ZR 291/14

Ein Ge­sell­schaf­ter, der vor Fällig­keit der Ein­la­ge­schuld auf den Ge­schäfts­an­teil ei­nes Mit­ge­sell­schaf­ters aus der GmbH aus­ge­schie­den ist, haf­tet, so­weit die (später fällig ge­wor­dene und nicht erfüllte) Stam­mein­lage auf den Ge­schäfts­an­teil des Mit­ge­sell­schaf­ters nach des­sen Aus­schluss im Wege der Ka­du­zie­rung we­der von den Zah­lungs­pflich­ti­gen noch durch Ver­kauf des Ge­schäfts­an­teils ge­deckt wer­den kann, grundsätz­lich nicht für die Fehl­beträge: Dies gilt auch, wenn er durch Über­tra­gung sei­nes Ge­schäfts­an­teils auf den später mit sei­nem ei­ge­nen Ge­schäfts­an­teil ka­du­zier­ten Mit­ge­sell­schaf­ter aus der Ge­sell­schaft aus­ge­schie­den ist.

Der Sach­ver­halt:
Der Be­klagte mit einem Ge­schäfts­an­teil von 2.500 € und der S. mit einem Ge­schäfts­an­teil von 22.500 € wa­ren al­lei­nige Gründungs­ge­sell­schaf­ter P-GmbH. Der Be­klagte hatte seine Ein­lage vollständig, der S. nur i.H.v. 11.250 € er­bracht. Im Ja­nuar 2009 über­trug der Be­klagte sei­nen Ge­schäfts­an­teil für einen Euro auf sei­nen Mit­ge­sell­schaf­ter. Des­sen rest­li­che Ein­lage war bis da­hin noch nicht ein­ge­for­dert wor­den.

Im No­vem­ber 2010 wurde das In­sol­venz­ver­fah­ren über das Vermögen der Schuld­ne­rin eröff­net und der Kläger zum In­sol­venz­ver­wal­ter be­stellt. Er for­derte den S. noch im sel­ben Mo­nat auf, die aus­ste­hende Ein­lage zu zah­len. Da S. nicht zahlte, wurde sein Ge­schäfts­an­teil im Ja­nuar 2011 gem. § 21 Abs. 2 GmbHG ka­du­ziert. Die Zwangs­voll­stre­ckung we­gen der of­fe­nen Ein­la­ge­for­de­rung in das Vermögen des S. ver­lief er­folg­los. Der Kläger for­derte den Be­klag­ten im Juli 2011 zur Leis­tung der auf den ka­du­zier­ten Ge­schäfts­an­teil noch aus­ste­hen­den Ein­lage auf.

LG und OLG wie­sen die auf Zah­lung von 11.250 € ge­rich­tete Klage ab. Auch die Re­vi­sion des Klägers vor dem BGH blieb er­folg­los.

Gründe:
Der Be­klagte haf­tet un­ter kei­nem recht­li­chen Ge­sichts­punkt für die von sei­nem ehe­ma­li­gen Mit­ge­sell­schaf­ter S. nicht erfüllte Ein­la­ge­ver­pflich­tung i.H.v. 11.250 €.

Der Be­klagte haf­tet we­der nach § 22 GmbHG, da er in Be­zie­hung zu dem ka­du­zier­ten Ge­schäfts­an­teil kein Rechts­vorgänger i.S.d. Vor­schrift ist noch nach 24 GmbHG, weil er kein übri­ger Ge­sell­schaf­ter i.S.d. Vor­schrift ist. Letzt­lich haf­tet der Be­klagte auch nicht als Rechts­vorgänger in Be­zie­hung zu dem von ihm auf S. über­tra­ge­nen Ge­schäfts­an­teil von 2.500 € für eine die­sen we­gen der Ka­du­zie­rung sei­nes ei­ge­nen Ge­schäfts­an­teils von 22.500 € tref­fende Aus­fall­haf­tung nach den §§ 22, 24 GmbHG.

Der ka­du­zierte Ge­sell­schaf­ter haf­tet zwar - zusätz­lich zu sei­ner Haf­tung als mit dem ka­du­zier­ten Ge­schäfts­an­teil aus­ge­schlos­se­ner Ge­sell­schaf­ter nach § 21 Abs. 3 GmbHG - für die Rückstände auf den ka­du­zier­ten Ge­schäfts­an­teil nach § 24 GmbHG auch dann, wenn er über einen wei­te­ren Ge­schäfts­an­teil ne­ben dem ka­du­zier­ten Ge­schäfts­an­teil verfügt. So­weit von ein­zel­nen Stim­men im Schrift­tum eine Haf­tung des Ka­du­zier­ten nach § 24 GmbHG ab­ge­lehnt wird, be­fas­sen sie sich in die­sem Zu­sam­men­hang nicht mit der Kon­stel­la­tion, dass ein Ge­sell­schaf­ter über meh­rere Ge­schäfts­an­teile verfügt und (nur) ei­ner da­von ka­du­ziert wird.

Diese den Ka­du­zier­ten als In­ha­ber ei­nes nicht ka­du­zier­ten Ge­schäfts­an­teils tref­fende Aus­fall­haf­tung trifft je­doch nicht einen Rechts­vorgänger in Be­zie­hung zu dem nicht ka­du­zier­ten Ge­schäfts­an­teil. Denn die Auf­brin­gung von Fehl­beträgen nach § 24 GmbHG be­trifft keine "nicht erfüll­ten Ein­la­ge­ver­pflich­tun­gen" i.S.d. § 22 Abs. 1 GmbHG. Eine Ka­du­zie­rung we­gen der verzöger­ten Auf­brin­gung von Fehl­beträgen nach § 24 GmbHG fin­det nicht statt. Die an die Ka­du­zie­rung anknüpfende Haf­tung der Rechts­vorgänger er­fasst nur die­je­ni­gen Ein­la­ge­ver­pflich­tun­gen, de­rent­we­gen die Ka­du­zie­rung be­trie­ben wer­den kann.

Eine Aus­nahme von dem all­ge­mein an­er­kann­ten Grund­satz, dass der­je­nige Ge­sell­schaf­ter, der vor Fällig­keit der Ein­la­ge­for­de­rung des Ka­du­zier­ten aus der Ge­sell­schaft aus­ge­schie­den ist, nicht nach § 24 GmbHG haf­tet, ist auch nicht des­halb ge­bo­ten, weil der Be­klagte sei­nen Ge­schäfts­an­teil auf sei­nen später mit sei­nem ei­ge­nen Ge­schäfts­an­teil ka­du­zier­ten Mit­ge­sell­schaf­ter über­tra­gen hat. Die in der In­stan­zen­recht­spre­chung ver­ein­zelt ge­blie­bene Auf­fas­sung, dass nach dem Schutz­zweck der § 24 S. 1, § 16 Abs. 2 (Abs. 3 a.F.) GmbHG die Aus­fall­haf­tung des­je­ni­gen Ge­sell­schaf­ters, der sei­nen Ge­schäfts­an­teil veräußere, dann nicht erlösche, wenn die Veräußerung ge­rade an den­je­ni­gen Mit­ge­sell­schaf­ter er­folge, der sei­nen Ge­schäfts­an­teil noch nicht (vollständig) ein­ge­zahlt habe, wird im Schrift­tum zu Recht ab­ge­lehnt.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BGH veröff­ent­licht.
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