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Anwendbarkeit des § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG bei Ausscheiden von Kommanditisten gegen Abfindung

BFH 20.1.2016, II R 29/14

Die Ver­ein­ba­rung, dass die Kom­man­di­tis­ten ei­ner grund­be­sit­zen­den KG bis auf einen ge­gen eine von der KG zu leis­tende Ab­fin­dung aus die­ser aus­schei­den und ihre Ge­schäfts­an­teile an der Kom­ple­mentär-GmbH auf den ver­blei­ben­den Kom­man­di­tis­ten über­tra­gen, erfüllt nicht den Tat­be­stand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG. Der Grund­er­werb­steuer un­ter­liegt gem. § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG erst der Voll­zug der Ver­ein­ba­rung.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin war Ge­sell­schaf­te­rin ei­ner im Juni 2005 gegründe­ten GmbH. Diese war ohne Ka­pi­tal­be­tei­li­gung Kom­ple­mentärin ei­ner grund­be­sit­zen­den KG, de­ren Kom­man­di­tis­ten zu glei­chen Tei­len die Ge­sell­schaf­ter der GmbH wa­ren. Die KG wird nach dem Ge­sell­schafts­ver­trag beim Aus­schei­den ei­nes Ge­sell­schaf­ters von den ver­blei­ben­den Ge­sell­schaf­tern fort­ge­setzt.

Im No­vem­ber 2011 über­tru­gen die bei­den an­de­ren Ge­sell­schaf­ter ihre GmbH-An­teile mit Wir­kung zum Ab­lauf des Jah­res auf die Kläge­rin. Fer­ner wurde, dass die bei­den Ge­sell­schaf­ter mit Wir­kung zum sel­ben Zeit­punkt aus der KG aus­schei­den und die Kläge­rin als al­lei­nige Kom­man­di­tis­tin ver­bleibt. Als Ge­gen­leis­tung wurde ver­ein­bart, dass ein aus meh­re­ren Ei­gen­tums­woh­nun­gen be­ste­hende Grund­be­sitz der KG in S, F und N auf die schei­den­den Ge­sell­schaf­ter über­tra­gen werde. Nur der Grund­be­sitz in T sollte in der KG ver­blei­ben.

Das Fi­nanz­amt stellte die Be­steue­rungs­grund­la­gen für die im No­vem­ber 2011 "be­ur­kun­dete und ver­wirk­lichte Über­tra­gung" von min­des­tens 95 % der An­teile der KG gem. § 17 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 GrEStG ge­son­dert fest. Es berück­sich­tigte da­bei auch den Grund­be­sitz in S, F und N als Grundstücke, de­ren Werte der Be­mes­sung der Grund­er­werb­steuer zu­grunde zu le­gen seien, und stellte fer­ner fest, dass der Er­werb gem. § 6 Abs. 2 GrEStG zu An­tei­len i.H.v. 33,34 % steu­er­begüns­tigt ist.

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Die Re­vi­sion des Fi­nanz­am­tes vor dem BFH blieb er­folg­los.

Gründe:
Der Tat­be­stand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG war durch den Ab­schluss des Ver­trags im No­vem­ber 2011 nicht ver­wirk­licht wor­den.

Durch den Ver­trag wurde kein An­spruch der Kläge­rin auf Über­tra­gung der Be­tei­li­gun­gen der an­de­ren bei­den Ge­sell­schaf­ter an der KG begründet. Viel­mehr soll­ten diese ge­gen eine von der KG zu leis­tende Ab­fin­dung aus die­ser aus­schei­den. Das Fi­nanz­amt hatte da­her zu Un­recht auf die­sen Zeit­punkt eine ge­son­derte Fest­stel­lung der Be­steue­rungs­grund­la­gen gem. § 17 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 GrEStG vor­ge­nom­men. Der Fest­stel­lungs­be­scheid konnte nicht da­hin­ge­hend aus­ge­legt wer­den, dass die ge­son­derte Fest­stel­lung auf den Zeit­punkt er­fol­gen sollte, zu dem die Ge­sell­schaf­ter aus der KG aus­ge­schie­den wa­ren.

Die Vor­aus­set­zun­gen des § 17 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 GrEStG für den Er­lass ei­nes Fest­stel­lungs­be­scheids auf den Zeit­punkt, zu dem die bei­den Ge­sell­schaf­ter aus der KG aus­ge­schie­den wa­ren, la­gen nicht vor. Von dem Er­werbs­vor­gang nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG wurde kein außer­halb des Be­zirks des Fi­nanz­am­tes lie­gen­des Grundstück be­trof­fen. Die Grundstücke in S, F und N wa­ren bei der Be­mes­sung der Grund­er­werb­steuer für den Er­werbs­vor­gang nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG nicht zu berück­sich­ti­gen.

Ob ein Grundstück i.S.d. § 1 Abs. 3 GrEStG zum Vermögen ei­ner Ge­sell­schaft "gehört", rich­tet sich we­der nach Zi­vil­recht noch nach § 39 AO. Maßge­bend ist viel­mehr die grund­er­werb­steu­er­recht­li­che Zu­rech­nung. Es "gehört" der Ge­sell­schaft, wenn es ihr im Zeit­punkt der Ent­ste­hung der Steu­er­schuld für den nach § 1 Abs. 3 GrEStG der Grund­er­werb­steuer un­ter­lie­gen­den Vor­gang auf­grund ei­nes un­ter § 1 Abs. 1, 2 o. 3 oder nun­mehr auch 3a GrEStG fal­len­den Er­werbs­vor­gangs grund­er­werb­steu­er­recht­lich zu­zu­rech­nen ist. Um­ge­kehrt folgt dar­aus, dass ein Grundstück nicht mehr zum Vermögen der Ge­sell­schaft "gehört", wenn es zwar noch in ih­rem Ei­gen­tum steht bzw. ihr be­wer­tungs­recht­lich zu­zu­rech­nen ist, es aber vor Ent­ste­hung der Steu­er­schuld Ge­gen­stand ei­nes Veräußerungs­vor­gangs i.S.d. § 1 Abs. 1, 2, 3 o. 3a GrEStG war. Bei der Ver­wirk­li­chung des Tat­be­stands des § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG war der Grund­be­sitz in S, F und N so­mit grund­er­werb­steu­er­recht­lich nicht mehr zu­zu­rech­nen.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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