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Anscheinsbeweis bei Leitungswasserschäden anlässlich Trockenestrich- und Parkettverlegearbeiten

BGH 10.4.2014, VII ZR 254/13

Der Be­weis des ers­ten An­scheins greift bei ty­pi­schen Ge­sche­hens­abläufen ein, also in Fällen, in de­nen ein be­stimm­ter Tat­be­stand nach der Le­bens­er­fah­rung auf eine be­stimmte Ur­sa­che für den Ein­tritt ei­nes be­stimm­ten Er­fol­ges hin­weist. Dies kann grundsätz­lich auch bei der Fest­stel­lung von Ur­sa­chen für Lei­tungs­was­ser­schäden in Woh­nun­gen anläss­lich von Tro­cke­nestrich- und Par­kett­ver­le­ge­ar­bei­ten in Be­tracht kom­men.

Der Sach­ver­halt:
Der kla­gende Ver­si­che­rer nimmt den Be­klag­ten auf Scha­dens­er­satz aus einem Werk­ver­trag zwi­schen die­sem und sei­nem Ver­si­che­rungs­neh­mer auf Grund ei­nes Was­ser­scha­dens aus über­ge­gan­ge­nem Recht in An­spruch.

Der Be­klagte baute im Wohn­zim­mer des An­we­sens des Ver­si­che­rungs­neh­mers eine Un­ter­kon­struk­tion für einen Par­kettfußbo­den und Tro­cke­nestri­ch­ele­mente ein und ver­ließ an­schließend die Bau­stelle. Zwei Tage später ver­legte er das Par­kett. Wei­tere vier Tage später stellte der Ver­si­che­rungs­neh­mer auf­stei­gende Feuch­tig­keit an den Wänden des Wohn­zim­mers fest. Ursäch­lich hierfür war ein in den Tro­cke­nestrich ge­schla­ge­ner Stahl­na­gel, der ein di­rekt un­ter dem Tro­cke­nestrich ver­lau­fen­des, was­serführen­des Hei­zungs­rohr be­schädigt hatte. Die Kläge­rin re­gu­lierte den Scha­den in Höhe der Kla­ge­for­de­rung.

Das AG gab der Klage statt; das LG wies sie ab. Auf die Re­vi­sion der Kläge­rin hob der BGH das Be­ru­fungs­ur­teil auf und ver­wies die Sa­che zur neuen Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das LG zurück.

Die Gründe:
Das LG hat die Grundsätze des An­scheins­be­wei­ses ver­kannt.

Nach ständi­ger Recht­spre­chung greift der Be­weis des ers­ten An­scheins bei ty­pi­schen Ge­sche­hens­abläufen ein, also in Fällen, in de­nen ein be­stimm­ter Tat­be­stand nach der Le­bens­er­fah­rung auf eine be­stimmte Ur­sa­che für den Ein­tritt ei­nes be­stimm­ten Er­fol­ges hin­weist. Die­ser Schluss setzt eine Ty­pi­zität des Ge­sche­hens­ab­laufs vor­aus, was in die­sem Zu­sam­men­hang al­ler­dings nur be­deu­tet, dass der Kau­sal­ver­lauf so häufig vor­kom­men muss, dass die Wahr­schein­lich­keit ei­nes sol­chen Fal­les sehr groß ist.

Das LG hat nicht er­wo­gen, ob es eine sol­che Ty­pi­zität des Ge­sche­hens­ab­lau­fes im vor­lie­gen­den Fall gibt. Es hat ins­bes. nicht überprüft, ob Es­trich- und Par­kett­le­ger ab­ge­bro­chene oder lose Teile ei­ner Tro­cke­nestrich­platte übli­cher­weise mit Nägeln oder in ver­gleich­ba­rer Art im Bo­den fi­xie­ren, be­vor sie auf ih­nen das Par­kett ver­le­gen. In die­sem Fall würde ein Be­weis des ers­ten An­scheins dafür spre­chen, dass der Na­gel von den Mit­ar­bei­tern des Be­klag­ten ein­ge­schla­gen wurde. Das LG war von die­ser Prüfung auch nicht durch die von ihm zi­tierte Recht­spre­chung des BGH zur An­wend­bar­keit des An­scheins­be­wei­ses im Werk­ver­trags­recht ent­ho­ben.

Der BGH hat in früheren Ent­schei­dun­gen die An­wend­bar­keit des An­scheins­be­wei­ses im Werk­ver­trags­recht ent­ge­gen der An­sicht des LG nicht in dem Sinne be­schränkt, dass der Gläubi­ger "bei Ab­wick­lung des Ver­tra­ges ge­schädigt" wor­den sein müsse und diese Vor­aus­set­zung zu­dem in den Fällen ver­neint wer­den müsse, in de­nen der Scha­den nicht "in Ausführung der Tätig­keit" ent­stan­den sei, was be­deute, dass der An­scheins­be­weis im­mer dann aus­scheide, wenn nicht fest­stehe, dass sich das schädi­gende Er­eig­nis während der werk­ver­trag­li­chen Ar­bei­ten er­eig­net habe und eine zeit­li­che Zäsur zwi­schen den Ausführungs­ar­bei­ten und dem Scha­dens­ein­tritt liege.

Im Ge­gen­teil ist der Zweck der Rechts­fi­gur des An­scheins­be­wei­ses ge­rade die Über­win­dung der Be­weis­schwie­rig­kei­ten im Ur­sa­chen­zu­sam­men­hang, wenn sich nicht völlig aus­schließen lässt, dass auch an­dere als die vom Gläubi­ger ge­nann­ten, nach ty­pi­schem Ge­sche­hens­ab­lauf wahr­schein­li­chen Ur­sa­chen für die Scha­dens­ver­ur­sa­chung in Be­tracht kom­men. Seine An­wen­dung ist durch zeit­li­che Zäsu­ren von meh­re­ren Ta­gen oder so­gar Wo­chen nicht ge­hin­dert.

Link­hin­weis:

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