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Anrechnung ausländischer Körperschaftsteuer auf die Einkommensteuer

BFH 15.1.2015, I R 69/12

Zwar müssen hin­sicht­lich der An­rech­nung der Körper­schaft­steuer auf die in­di­vi­du­elle Ein­kom­men­steuer An­teils­eig­ner an in- wie ausländi­schen Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten in­folge der EuGH-Ent­schei­dun­gen Meili­cke I und Meili­cke II gleich be­han­delt wer­den. Fehlt je­doch ein Nach­weis der tatsäch­lich ent­rich­te­ten Körper­schaft­steuer, kann die Be­rech­nung der Körper­schaft­steu­er­gut­schrift nicht auf eine bloße Schätzung des ein­schlägi­gen Steu­er­sat­zes gestützt wer­den.

Der Sach­ver­halt:
Die in Deutsch­land woh­nen­den Kläger - Mit­glie­der der Er­ben­ge­mein­schaft Meili­cke - wa­ren an Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten in Däne­mark und den Nie­der­lan­den be­tei­ligt. Die Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten hat­ten in den Streit­jah­ren 1995 bis 1997 ihre Ge­winne an die Ge­sell­schaf­ter aus­ge­schüttet. Die Kläger be­gehr­ten in der Fol­ge­zeit nach § 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG die An­rech­nung der ausländi­schen Körper­schaft­steu­ern auf ihre in­di­vi­du­elle Ein­kom­men­steuer. Das stand ih­nen nach sei­ner­zei­ti­ger Ge­set­zes­lage in den Streit­jah­ren nach Maßgabe des sog. körper­schaft­steu­er­recht­li­chen An­rech­nungs­ver­fah­rens nicht zu; an­zu­rech­nen war da­nach al­lein die Körper­schaft­steuer, die ge­gen inländi­sche Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten fest­ge­setzt wor­den war.

Der EuGH sah in der un­ter­schied­li­chen Be­hand­lung einen Ver­stoß ge­gen die uni­ons­recht­li­chen Dis­kri­mi­nie­rungs­ver­bote. Er ver­langte die Gleich­be­hand­lung der An­teils­eig­ner an in- wie ausländi­schen Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten.

Das FG wies die Klage - nach Er­ge­hen der EuGH-Ur­teile Meili­cke I vom 6.3.2007 (C-292/04) und Meili­cke II vom 30.6.2011 (C-262/09) - trotz­dem ab, da es so­wohl an ord­nungsmäßen Körper­schaft­steu­er­be­schei­ni­gun­gen als auch an Nach­wei­sen über die Höhe ggf. an­re­chen­ba­rer Körper­schaft­steu­ern man­gelte. Die hier­ge­gen ge­rich­tete Re­vi­sion der Kläger blieb vor dem BFH er­folg­los.

Die Gründe:
Die Körper­schaft­steuer ei­ner un­be­schränkt steu­er­pflich­ti­gen Körper­schaft wird nach § 36 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 S. 4f EStG 1990 n.F./1997 nicht an­ge­rech­net, wenn die Ein­nah­men oder die an­re­chen­bare Körper­schaft­steuer bei der Ver­an­la­gung nicht er­fasst wer­den. Dass die An­rech­nungs­be­schränkung auf un­be­schränkt körper­schaft­steu­er­pflich­tige Körper­schaf­ten ge­gen die uni­ons­recht­lich verbürgte Ka­pi­tal­ver­kehrs­frei­heit verstößt (An­schluss an EuGH-Ur­teil Meili­cke I), ändert daran nichts. An­ders ver­hielt es sich be­zo­gen auf die an­re­chen­bare Körper­schaft­steuer al­ler­dings nach Maßgabe von § 36 Abs. 2 Nr. 3 S. 4f EStG 1990 a.F. für Ver­an­la­gungs­zeiträume bis 1995 (Bestäti­gung des Se­nats­ur­teils v. 6.10.1993, Az.: I R 101/92).

Um den uni­ons­recht­li­chen An­for­de­run­gen stand­zu­hal­ten, muss bei der Be­rech­nung des An­rech­nungs­be­tra­ges die von der im Sitz­mit­glied­staat der aus­schütten­den Ka­pi­tal­ge­sell­schaft tatsäch­lich ent­rich­tete Steuer berück­sich­tigt wer­den, wie sie sich aus den auf die Be­rech­nung der Be­steue­rungs­grund­la­gen an­wend­ba­ren all­ge­mei­nen Re­geln und aus dem Satz der Körper­schaft­steuer im Sitz­mit­glied­staat er­gibt. Die tatsäch­li­che Ent­rich­tung der Körper­schaft­steuer ist je­doch nicht An­rech­nungs­vor­aus­set­zung. Die maßgeb­li­che ausländi­sche (hier däni­sche und nie­derländi­sche) Körper­schaft­steuer ist aus Gründen der uni­ons­recht­lich ein­zu­for­dern­den Gleich­be­hand­lung mit einem In­landssach­ver­halt einem vom An­teils­eig­ner ver­ein­nahm­ten Be­tei­li­gungs­er­trag im grenzüber­schrei­ten­den Sach­ver­halt viel­mehr nach den steu­er­li­chen Grundsätzen ei­ner "Ver­wen­dungs­fik­tion" zu­zu­ord­nen, und zwar un­abhängig da­von, ob es im Aus­land an ei­ner Ver­pflich­tung zur Ei­gen­ka­pi­tal­glie­de­rung fehlt.

Für die An­rech­nung ausländi­scher Körper­schaft­steuer be­darf es ei­ner­seits kei­ner "Schat­ten-Ei­gen­ka­pi­tal­glie­de­rung". An­de­rer­seits genügt aber auch die Vor­lage ei­ner "nur-for­mel­len" Körper­schaft­steu­er­be­schei­ni­gung der de­potführen­den Bank nicht, wenn da­durch der ma­te­ri­ell-recht­li­che An­rech­nungs­be­trag nicht de­fi­ni­tiv be­legt wird (An­schluss an das EuGH-Ur­teil Meili­cke II). Fehlt - wie hier - ein Nach­weis der tatsäch­lich ent­rich­te­ten Körper­schaft­steuer, kann die Be­rech­nung der Körper­schaft­steu­er­gut­schrift nicht auf eine bloße Schätzung des ein­schlägi­gen Steu­er­sat­zes gestützt wer­den. In­fol­ge­des­sen wurde der ur­sprüng­li­che Er­folg der Kläger vor dem EuGH im Er­geb­nis nicht be­lohnt.

Hin­ter­grund:
Die BFH-Ent­schei­dung be­trifft das be­sagte, seit 2001 ab­ge­schaffte körper­schaft­steu­er­recht­li­che An­rech­nungs­ver­fah­ren. Al­ler­dings ist die­ses Ver­fah­ren für den Haus­halt nach wie vor von großer Be­deu­tung, denn viele Steu­er­be­scheide sind noch "of­fen", weil die An­teils­eig­ner den Ab­schluss des Kla­ge­ver­fah­rens "Meili­cke" ab­ge­war­tet ha­ben. Und nach Ver­laut­ba­run­gen des BMF geht es da­bei um dro­hende Steu­er­ausfälle aus den Altfällen in Mil­li­ar­denhöhe. Zu­letzt war in den Ver­fah­ren vor dem EuGH von 5 Mrd. € die Rede.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
  • Um di­rekt zum Voll­text zu ge­lan­gen, kli­cken Sie bitte hier.
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