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Abziehbarkeit von Veräußerungskosten bei Anteilsveräußerung nach § 8b Abs. 2 KStG 2002

BFH 12.3.2014, I R 45/13

Die in § 8b Abs. 2 S. 1 KStG 2002 an­ge­ord­nete Frei­stel­lung der Ge­winne aus der Veräußerung von Ka­pi­tal­an­tei­len be­zieht sich auf einen um et­waige Veräußerungs­kos­ten gekürz­ten Net­to­be­trag, von wel­chem nach § 8b Abs. 3 S. 1 KStG 2002 dann 5 Pro­zent als fik­tive nicht­ab­zieh­bare Be­triebs­aus­ga­ben be­han­delt wer­den. Zu den Veräußerungs­kos­ten i.S.v. § 8b Abs. 2 S. 2 KStG 2002 gehören alle Auf­wen­dun­gen, die durch die Veräußerung der An­teile ver­an­lasst sind.

Der Sach­ver­halt:
Die kla­gende GmbH gehört zu ei­ner Un­ter­neh­mens­gruppe. Sie war al­lei­nige Ge­sell­schaf­te­rin der A-GmbH. Mit Ver­trag von April 2005 veräußerte sie die Ge­schäfts­an­teile der A-GmbH zum Preis von rd. 15,8 Mio. €. Im Zu­sam­men­hang mit der Veräußerung ent­stan­den Rechts- und Be­ra­tungs­kos­ten i.H.v.. 140.000 €. Im zeit­li­chen Zu­sam­men­hang mit dem An­teils­ver­kauf traf die Kläge­rin mit DB, dem Ge­schäftsführer der A-GmbH, die fol­gende Ver­ein­ba­rung:

"Die (Kläge­rin) be­ab­sich­tigt, alle Ge­schäfts­an­teile der (A-GmbH) zu veräußern. (DB) soll wei­ter­hin Ge­schäftsführer der (A-GmbH) blei­ben. Mit der Veräußerung der An­teile schei­det da­mit (DB) aus der (Un­ter­neh­mens­gruppe) aus. In An­er­ken­nung sei­ner langjähri­gen Leis­tun­gen für die (Un­ter­neh­mens­gruppe) ver­ein­ba­ren die Par­teien (DB) erhält bin­nen zwei Wo­chen nach Ab­schluss des An­teils­kauf­ver­tra­ges von der (Kläge­rin) eine Tan­tieme von 400.000 € brutto."

Ab­wei­chend von der Kläge­rin be­han­delte das Fi­nanz­amt so­wohl die Rechts- und Be­ra­tungs­kos­ten als auch die an DB ge­zahlte Tan­tieme als Veräußerungs­kos­ten und er­rech­nete auf die­ser Grund­lage den Veräußerungs­ge­winn, den er nach § 8b Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 S. 1 KStG 2002 steu­er­frei be­ließ.

Das FG wies die ge­gen die ent­spre­chen­den Steu­er­be­scheide ge­rich­tete Klage ab. Auf die Re­vi­sion der Kläge­rin hob der BFH das Ur­teil auf und ver­wies die Sa­che zur an­der­wei­ti­gen Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das FG zurück.

Die Gründe:
Zwar ist der Rechts- und Be­ra­tungs­auf­wand als Veräußerungs­kos­ten bei der Er­mitt­lung des nach § 8b Abs. 2 KStG 2002 steu­er­frei zu be­las­sen­den Veräußerungs­ge­winns ein­zu­be­zie­hen. Das gilt je­doch nicht für die in Rede ste­hende Tan­tie­me­zah­lung an DB.

Nach § 8b Abs. 2 S. 1 KStG 2002 blei­ben bei der Er­mitt­lung des Ein­kom­mens u.a. ei­ner un­be­schränkt steu­er­pflich­ti­gen Ka­pi­tal­ge­sell­schaft - hier: der Kläge­rin - Ge­winne aus der Veräußerung ei­nes An­teils an ei­ner Körper­schaft oder Per­so­nen­ver­ei­ni­gung, de­ren Leis­tun­gen beim Empfänger zu Ein­nah­men i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 und 10a EStG 2002 gehören, außer An­satz. Die Vor­aus­set­zun­gen die­ser Vor­schrif­ten sind im Streit­fall erfüllt. Veräußerungs­ge­winn i.S.v. § 8b Abs. 2 S. 1 KStG 2002 ist nach S. 2 der Vor­schrift der Be­trag, um den der Veräußerungs­preis oder der an des­sen Stelle tre­tende Wert nach Ab­zug der Veräußerungs­kos­ten den Wert über­steigt, der sich nach den Vor­schrif­ten über die steu­er­li­che Ge­winn­er­mitt­lung im Zeit­punkt der Veräußerung er­gibt (Buch­wert).

Im Streit­fall ist kon­tro­vers, ob sich der ge­setz­lich an­ge­ord­nete Ab­zug der Veräußerungs­kos­ten mit § 8b Abs. 3 S. 1 KStG 2002 verträgt, wo­nach von dem je­wei­li­gen Ge­winn i.S.d. Abs. 2 S. 1 der Vor­schrift 5 Pro­zent als Aus­ga­ben gel­ten, die nicht als Be­triebs­aus­ga­ben ab­ge­zo­gen wer­den können. Ar­gu­men­tiert wird da­hin, das pau­schale Ab­zugs­ver­bot fik­ti­ver Be­triebs­aus­ga­ben nach § 8b Abs. 3 S. 1 KStG 2002 ei­ner­seits und der tatsäch­li­che Ab­zug der Veräußerungs­kos­ten bei Er­mitt­lung des be­tref­fen­den Veräußerungs­ge­winns an­de­rer­seits ziehe eine "dop­pelte" Berück­sich­ti­gung ein und der­sel­ben Kos­ten nach sich, die vom Re­ge­lungs­zweck nicht ge­tra­gen sei. Letz­te­res mag zwar durch­aus zu­tref­fen und in sys­te­ma­ti­scher Hin­sicht nicht voll­kom­men über­zeu­gen. Das ändert aber nichts daran, dass der Re­ge­lungs­wort­laut in­so­weit ein­deu­tig ist.

Das FG hat die anläss­lich der Be­tei­li­gungs­veräußerung auf­ge­lau­fe­nen Rechts- und Be­ra­tungs­kos­ten fol­ge­rich­tig als Veräußerungs­kos­ten an­ge­se­hen und den Veräußerungs­ge­winn ent­spre­chend gekürzt. Glei­chermaßen ist sie im Hin­blick auf die an DB ge­zahlte Tan­tieme vor­ge­gan­gen. Das aber wird von den ver­trag­li­chen Grund­la­gen der Tan­tie­me­zah­lung nicht ge­tra­gen. Zwar wer­den nach ständi­ger BFH-Recht­spre­chung die Veräußerungs­kos­ten (i.S.d. § 16 Abs. 2 S. 1 EStG 2002) von den lau­fen­den Be­triebs­aus­ga­ben nicht (mehr) da­nach ab­ge­grenzt, ob sie "in un­mit­tel­ba­rer sach­li­cher Be­zie­hung" zu dem Veräußerungs­ge­schäft ste­hen, son­dern da­nach, ob ein Ver­an­las­sungs­zu­sam­men­hang zu der Veräußerung be­steht. Ab­zu­stel­len ist auf das "auslösende Mo­ment" für die Ent­ste­hung der Auf­wen­dun­gen und ihre größere Nähe zur Veräußerung oder zum lau­fen­den Ge­winn. Ebenso hat der BFH zu § 17 Abs. 2 S. 1 EStG ent­schie­den, und dem schließt sich der er­ken­nende Se­nat auch be­zo­gen auf § 8b Abs. 2 S. 2 KStG 2002 an.

Vor­lie­gend be­legt die ge­trof­fene Ver­ein­ba­rung, dass die Zah­lung nur anläss­lich und nicht, wie aber die Vor­in­stanz die Tan­tie­me­zu­sage miss­deu­tet, "we­gen" der Veräußerung und des veräußerungs­be­ding­ten Aus­schei­dens von DB aus der Un­ter­neh­mens­gruppe aus­ge­lobt wor­den ist. Viel­mehr er­folgt die Zu­sage aus­weis­lich des fest­ge­stell­ten Sach­ver­halts "in An­er­ken­nung sei­ner langjähri­gen Leis­tun­gen" für die Gruppe. Auch bei einem weit ver­stan­de­nen und ver­an­las­sungs­ge­tra­ge­nen Verständ­nis des Be­griffs der Veräußerungs­kos­ten kann es sich des­halb hier­bei nicht mehr um sol­che Kos­ten han­deln. Die Ver­an­las­sungsprüfung, die grundsätz­lich dem Tat­ge­richt ob­liegt, ist da­her nicht halt­bar; sie kann durch den Se­nat ohne Bin­dung an die Aus­le­gung durch das FG (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) kor­ri­giert wer­den. Die Tan­tie­me­zah­lung ist da­mit als Be­triebs­aus­gabe ab­zugsfähig.

Das be­deu­tet je­doch nicht zwin­gend, dass die Re­vi­sion in die­sem Punkt auch Er­folg ha­ben müsste. Denn es be­steht die Möglich­keit, dass die ad hoc-Zu­sage der Tan­tieme an DB als Fa­mi­li­en­an­gehöri­gen der Ge­sell­schaf­ter der Kläge­rin für des­sen langjährige Ver­dienste aus An­lass des Aus­schei­dens aus der Un­ter­neh­mens­gruppe als vGA (§ 8 Abs. 3 S. 2 KStG 2002) an eine na­he­ste­hende Per­son der Ge­sell­schaf­ter der Kläge­rin zu qua­li­fi­zie­ren ist, die als sol­che dem Ge­winn der Kläge­rin außer­bi­lan­zi­ell hin­zu­zu­rech­nen wäre. Ge­rade dann, wenn man die Tan­tie­me­zah­lung als Ab­gel­tung der "langjähri­gen Ver­dienste" von DB für die Un­ter­neh­mens­gruppe an­sieht, liegt die An­nahme ei­ner vGA nicht von vorn­her­ein fern. Es ist Sa­che des FG, dem im zwei­ten Rechts­gang nach­zu­ge­hen.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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