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§ 2b UStG: Friedhofs- und Bestattungswesen

Am 23.11.2020 veröff­ent­lichte das BMF ein Schrei­ben zu An­wen­dungs­fra­gen des § 2b UStG im Zu­sam­men­hang mit dem Fried­hofs- und Be­stat­tungs­we­sen (Az. III C 2 - S 7107/19/10004 :008, BStBl. I 2020, S. 1335). Da­mit wurde eine Um­satz­steu­er­pflicht für weite Be­rei­che des Fried­hof­we­sens ab­ge­wen­det.

Grab­nut­zungs­rechte, Lie­ge­rechte und Rechte zur Bei­set­zung ei­ner Urne blei­ben nicht um­satz­steu­er­bar nach § 2b Abs. 2 Nr. 2 UStG, da ver­gleich­bare Leis­tun­gen pri­va­ter Un­ter­neh­mer un­ter die Steu­er­be­frei­ung des § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG fal­len würden. Die glei­che Ar­gu­men­ta­tion wird auch für die Auf­be­wah­rung von Lei­chen in Kühlräumen oder Kühl­zel­len ver­tre­ten.

Über den Sach­ver­halt hin­aus in­ter­es­sant ist bei der Ar­gu­men­ta­tion Fol­gen­des: Nach dem BMF-Schrei­ben vom 16.12.2016 (III C 2 - S 7107/16/10001, BStBl. I 2016, S. 1451, Rz. 38) war die An­wen­dung des § 2b Abs. 2 Nr. 2 UStG für Um­satz­steu­er­be­frei­un­gen aus­ge­schlos­sen, bei de­nen grundsätz­lich eine Op­tion zur Um­satz­steu­er­pflicht nach § 9 UStG möglich war. Dies sollte auch dann gel­ten, wenn die dort ge­nann­ten Vor­aus­set­zun­gen (u. a. Leis­tung an einen an­de­ren Un­ter­neh­mer) im Ein­zel­fall aus­ge­schlos­sen wa­ren.

Die Ar­gu­men­ta­tion im BMF-Schrei­ben macht die An­wend­bar­keit des § 2b Abs. 2 Nr. 2 UStG (= nicht um­satz­steu­er­bar) nun aber ge­nau an dem Punkt fest, dass die Nut­zung ei­ner Grabstätte, etc. stets dem nicht­un­ter­neh­me­ri­schen Be­reich des Leis­tungs­empfängers zu­zu­ord­nen sei, was eine Op­tion zur Um­satz­steu­er­pflicht aus­schließt.

Im Ge­gen­satz hierzu geht das BMF bei an­ony­men Be­stat­tun­gen da­von aus, dass keine räum­lich ab­grenz­bare, in­di­vi­dua­li­sierte Par­zelle zur Nut­zung über­las­sen werde, so dass die Steu­er­be­frei­ung des § 4 Nr. 12 UStG bei pri­va­ten Un­ter­neh­mern nicht grei­fen würde. Die lo­gi­sche Folge wäre auch für jPdöR eine Um­satz­steu­er­bar­keit und Um­satz­steu­er­pflicht die­ser Grabstätten.

Hin­weis: In ih­rer Ge­genäußerung vom 13.08.2020 wi­der­spra­chen die kom­mu­na­len Spit­zen­verbände die­ser Ein­schätzung. Der Fried­hofs­ver­wal­tung sei es auch bei an­ony­men Grabstätten möglich, nach­zu­voll­zie­hen, wel­che Per­son an ge­nau wel­cher Stelle bei­ge­setzt wurde. Es wird le­dig­lich auf ein „Na­mens­schild“ an die­ser Stelle ver­zich­tet.

Ge­ge­be­nen­falls mit der Einräum­ung von Grab­nut­zungs­rech­ten, Lie­ge­rech­ten bzw. dem Recht zur Bei­set­zung ei­ner Urne ein­her­ge­hende Be­stat­tungs­leis­tun­gen (z. B. das Aus­he­ben und Verfüllen der Grab­stelle, das Aus­klei­den des Gra­bes mit Mat­ten) stel­len un­selbständige Ne­ben­leis­tun­gen dar, wel­che das um­satz­steu­er­li­che Schick­sal der Haupt­leis­tung tei­len. Dies soll auch dann gel­ten, wenn die Fried­hofs­sat­zung hierzu ge­son­derte Gebühren vor­sieht.

Auch die Über­las­sung von Fei­er­hal­len, Fried­hofs­ka­pel­len und Ab­schiedsräumen soll nach dem BMF-Schrei­ben nicht um­satz­steu­er­bar blei­ben, da es sich re­gelmäßig um eine nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steu­er­freie Ver­mie­tungs­leis­tun­gen han­dele, wel­che zwin­gend dem nicht­un­ter­neh­me­ri­schen Zwecken diene und da­her eine Op­tion nach § 9 UStG aus­schließe.

Wer­den über die Nut­zungsüber­las­sung hin­aus­ge­hende Leis­tun­gen er­bracht, die für eine dann ein­heit­li­che Leis­tung prägend sind, ist die Über­las­sung der Räum­lich­kei­ten um­satz­steu­er­bar und um­satz­steu­er­pflich­tig. Dies eröff­net je­doch die Möglich­keit des Vor­steu­er­ab­zugs, so dass dies im Ein­zel­fall vor­teil­haft sein kann.

Update vom 27.04.2023: Verlängerung der Übergangsregelung für das Friedhof- und Bestattungswesen

Un­ter der Rechts­lage des § 2 Abs. 3 UStG a. F. begründe­ten kom­mu­nale, kirch­li­che und an­dere öff­ent­lich-recht­li­che Fried­hof­sträger in der Re­gel kei­nen Be­trieb ge­werb­li­cher Art (BgA) i. S. d. § 4 KStG (Aus­nahme be­reits bis­lang: Blu­men­verkäufe, Grab­pfle­ge­leis­tun­gen, usw.; vgl. H 4.5 KStH).

Nach Auf­fas­sung des BMF stel­len in pri­vat­recht­li­cher Hand­lungs­weise er­brachte Fried­hofs­leis­tun­gen ab An­wen­dung des § 2b UStG stets eine un­ter­neh­me­ri­sche Tätig­keit dar und sind so­mit grundsätz­lich um­satz­steu­er­bar (vgl. BMF-Schrei­ben vom 23.11.2020, BStBl. I 2020, S. 1335).

Für das Han­deln auf öff­ent­li­cher Grund­lage trifft das o.g. BMF-Schrei­ben Aus­sa­gen zu zahl­rei­chen Ein­zel­leis­tun­gen und de­ren um­satz­steu­er­li­cher Be­hand­lung. Aus­schlag­ge­bend für die steu­er­li­che Würdi­gung ist grundsätz­lich das Um­satz­steu­er­recht am Ende des Leis­tungs­zeit­raums. Um den Be­tei­lig­ten eine Um­stel­lung der Gebühren­sat­zun­gen, Ent­gelt­ord­nun­gen, etc. zu er­lau­ben, ent­hielt das o. g. BMF-Schrei­ben aus 2020 (dort Tz. 5) be­reits eine Nicht­be­an­stan­dungs­re­ge­lung für Leis­tun­gen, die vor dem 01.01.2023 ver­ein­bart wur­den, so­fern bis zu die­sem Zeit­punkt noch § 2 Abs. 3 UStG a. F. an­ge­wen­det wurde. In die­sem Fall mus­ste keine Nach­ver­steue­rung er­fol­gen.

Nach der all­ge­mei­nen Verlänge­rung der An­wen­dungs­ver­pflich­tung des § 2b UStG erst ab dem 01.01.2025 (§ 27 Abs. 22a UStG) hat die Fi­nanz­ver­wal­tung nun auch diese Nicht­be­an­stan­dungs­re­ge­lung verlängert (vgl. Vfg. LfSt Nie­der­sa­chen vom 27.04.2023, DStR 2023, S. 1946). Da­durch wird den öff­ent­lich-recht­li­chen Fried­hof­strägern, die der­zeit noch nach § 2 Abs. 3 UStG a. F. ver­fah­ren, ermöglicht ent­we­der ihre Ent­gelt­ord­nung, Gebühren­sat­zung etc. ent­spre­chend um­zu­stel­len oder aber zu­min­dest um­satz­steu­er­li­che Be­las­tun­gen in ihre Kal­ku­la­tion ein­zu­be­zie­hen.

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