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(Teil-)Einziehung einer Darlehensforderung als einkommensteuerpflichtige Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften?

Hessisches FG 1.10.2014, 10 K 2040/13

Der Se­nat hält die Kri­tik an der älte­ren BFH-Recht­spre­chung für be­rech­tigt und schließt sich der Auf­fas­sung an, die eine Gleich­set­zung von Veräußerung ei­ner For­de­rung und Ein­zie­hung ei­ner For­de­rung ab­lehnt. Die Gleich­set­zung von Veräußerung und Ein­zie­hung über­dehnt nämlich den Wort­laut des § 23 EStG und ist mit dem Rück­griff auf die wirt­schaft­li­che Be­trach­tungs­weise nicht zu recht­fer­ti­gen.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin hatte 2007 von einem auf Mal­lorca le­ben­den Ehe­paar die Stam­mein­la­gen von je 50.000 DM an der B-GmbH und da­mit das ge­samte Stamm­ka­pi­tal der GmbH er­wor­ben. Gleich­zei­tig über­nahm sie das Dar­le­hen der bis­he­ri­gen Ge­sell­schaf­ter an die GmbH über (no­mi­nell) 140.353 €. Der Ge­samt­kauf­preis für GmbH-An­teile und Dar­le­hens­for­de­rung be­trug 8.000 €, wo­von 7.999 € auf die GmbH-An­teile und 1 € auf das Ge­sell­schaf­ter­dar­le­hen ent­fie­len. Das Dar­le­hen stellte die Kläge­rin der GmbH wei­ter­hin zur Verfügung, be­fris­tet bis zum 31.12.2012. Das Dar­le­hen war mit 1 Pro­zent zu ver­zin­sen bei jähr­li­cher Zins­zah­lung. Die Zin­sen soll­ten auf das Dar­le­hen gut­ge­schrie­ben wer­den.

In den Jah­ren 2007 und 2008 ent­wi­ckelte sich das Dar­le­hen da­hin­ge­hend, dass zunächst im Jahr 2007 ins­ge­samt 17.900 € auf ein Konto der Kläge­rin über­wie­sen wur­den und im Jahr 2008 ins­ge­samt 60.000 € von der Kläge­rin in Form von Ba­rab­he­bun­gen ent­nom­men und als Ge­sell­schaf­ter­ent­nah­men be­han­delt wur­den. Die Zin­sen zum 31.12.2007 und zum 31.5.2008 wur­den auf dem Dar­le­hens­konto ver­bucht, gleich­zei­tig ver­ein­barte die Kläge­rin mit der GmbH je­doch am 31.5.2008 hin­sicht­lich der rest­li­chen Dar­le­hens­for­de­rung von 64.413 € einen For­de­rungs­er­lass mit Bes­se­rungs­schein. Der For­de­rungs­ver­zicht er­folgte zeit­lich be­fris­tet bis zum 31.12.2010. Der Bes­se­rungs­fall ist bis­her nicht ein­ge­tre­ten. Schließlich veräußerte die Kläge­rin im Juni 2008 je­weils eine Stam­mein­lage über 50.000 DM an die Her­ren C. und D. ge­gen Zah­lung von je­weils 5.000 €.

Von die­sem Sach­ver­halt er­fuhr das Fi­nanz­amt erst durch eine Kon­troll­mit­tei­lung. Die Kläge­rin hatte zu­vor in ih­ren Ein­kom­men­steu­er­erklärun­gen keine An­ga­ben ge­macht. Bei der Ein­kom­men­steu­er­ver­an­la­gung 2008 berück­sich­tigte die Fi­nanz­behörde den Sach­ver­halt aus der Kon­troll­mit­tei­lung. In dem geänder­ter Ein­kom­men­steu­er­be­scheid 2007 wur­den nachträglich die in 2007 zurück­ge­flos­se­nen Dar­le­hens­beträge von ins­ge­samt 17.900 € nach Ab­zug der An­schaf­fungs­kos­ten i.H.v. 1 € als Einkünfte aus pri­va­ten Veräußerungs­ge­schäften er­fasst.

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Al­ler­dings wurde die Re­vi­sion zum BFH zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Die steu­er­li­che Er­fas­sung der Rück­zah­lungs­beträge als Veräußerungs­ge­schäft i.S.v. §§ 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 7, 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG schei­terte nach Auf­fas­sung des Se­nats daran, dass keine ent­gelt­li­che Über­tra­gung auf einen Drit­ten und da­mit keine Veräußerung i.S.d. § 23 EStG vor­lag.

Zwar hat die frühere Recht­spre­chung auch die Ein­zie­hung ei­ner For­de­rung zum Nenn­wert als Veräußerung ge­wer­tet, wenn die For­de­rung zu­vor von einem Drit­ten un­ter dem Nenn­wert ent­gelt­lich er­wor­ben wurde. Die in der jünge­ren Li­te­ra­tur wohl über­wie­gende Auf­fas­sung lehnt die Gleich­set­zung von Veräußerung und Ein­zie­hung ei­ner For­de­rung je­doch ab. Mehr­heit­lich wird die Ab­leh­nung der BFH-Recht­spre­chung da­mit begründet, dass die wirt­schaft­li­che Be­trach­tungs­weise eine Aus­wei­tung des Veräußerungs­ge­schäfts auf die Ein­zie­hung ei­ner For­de­rung nicht recht­fer­ti­gen könne. Kenn­zeich­nend für pri­vate Veräußerungs­ge­schäfte seien "An­schaf­fung" und "Veräußerung" des nämli­chen Ge­gen­stands. Beide Vorgänge seien durch die Über­tra­gung des Wirt­schafts­guts auf einen an­de­ren Recht­sträger ge­kenn­zeich­net. Bei der Ein­zie­hung ei­ner For­de­rung fehle je­doch die­ses we­sent­li­che Merk­mal ei­nes Recht­sträger­wech­sels. Die Ein­zie­hung der For­de­rung stelle die Ver­wer­tung der For­de­rung dar und führe zum Erlöschen.

Der Se­nat hält die Kri­tik an der älte­ren BFH-Recht­spre­chung für be­rech­tigt und schließt sich der Auf­fas­sung an, die eine Gleich­set­zung von Veräußerung ei­ner For­de­rung und Ein­zie­hung ei­ner For­de­rung ab­lehnt. Die Gleich­set­zung von Veräußerung und Ein­zie­hung über­dehnt nämlich den Wort­laut des § 23 EStG und ist mit dem Rück­griff auf die wirt­schaft­li­che Be­trach­tungs­weise nicht zu recht­fer­ti­gen. Die For­de­rung des Gläubi­gers er­lischt durch Erfüllung gem. § 362 BGB. Darin ist keine Hin­gabe von Ka­pi­tal zu se­hen. Im Übri­gen fehlt bei der Ein­zie­hung der For­de­rung der die Veräußerung kenn­zeich­nende Recht­sträger­wech­sel. Die Pro­ble­ma­tik der teil­wei­sen Rück­zah­lung auf die For­de­rung stellt sich da­mit nicht mehr.

Der An­satz von Einkünf­ten aus pri­va­ten Veräußerungs­ge­schäften i.H.v. 17.899 € im Ein­kom­men­steu­er­be­scheid 2007 war da­mit zu Un­recht er­folgt. Al­ler­dings war gem. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO die Re­vi­sion zu­zu­las­sen, da der Se­nat von der oben zi­tier­ten älte­ren Recht­spre­chung des BFH ab­ge­wi­chen ist.

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