Der Sachverhalt:
Die Klägerin hatte 2007 von einem auf Mallorca lebenden Ehepaar die Stammeinlagen von je 50.000 DM an der B-GmbH und damit das gesamte Stammkapital der GmbH erworben. Gleichzeitig übernahm sie das Darlehen der bisherigen Gesellschafter an die GmbH über (nominell) 140.353 €. Der Gesamtkaufpreis für GmbH-Anteile und Darlehensforderung betrug 8.000 €, wovon 7.999 € auf die GmbH-Anteile und 1 € auf das Gesellschafterdarlehen entfielen. Das Darlehen stellte die Klägerin der GmbH weiterhin zur Verfügung, befristet bis zum 31.12.2012. Das Darlehen war mit 1 Prozent zu verzinsen bei jährlicher Zinszahlung. Die Zinsen sollten auf das Darlehen gutgeschrieben werden.
Von diesem Sachverhalt erfuhr das Finanzamt erst durch eine Kontrollmitteilung. Die Klägerin hatte zuvor in ihren Einkommensteuererklärungen keine Angaben gemacht. Bei der Einkommensteuerveranlagung 2008 berücksichtigte die Finanzbehörde den Sachverhalt aus der Kontrollmitteilung. In dem geänderter Einkommensteuerbescheid 2007 wurden nachträglich die in 2007 zurückgeflossenen Darlehensbeträge von insgesamt 17.900 € nach Abzug der Anschaffungskosten i.H.v. 1 € als Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften erfasst.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Allerdings wurde die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Die steuerliche Erfassung der Rückzahlungsbeträge als Veräußerungsgeschäft i.S.v. §§ 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 7, 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG scheiterte nach Auffassung des Senats daran, dass keine entgeltliche Übertragung auf einen Dritten und damit keine Veräußerung i.S.d. § 23 EStG vorlag.
Zwar hat die frühere Rechtsprechung auch die Einziehung einer Forderung zum Nennwert als Veräußerung gewertet, wenn die Forderung zuvor von einem Dritten unter dem Nennwert entgeltlich erworben wurde. Die in der jüngeren Literatur wohl überwiegende Auffassung lehnt die Gleichsetzung von Veräußerung und Einziehung einer Forderung jedoch ab. Mehrheitlich wird die Ablehnung der BFH-Rechtsprechung damit begründet, dass die wirtschaftliche Betrachtungsweise eine Ausweitung des Veräußerungsgeschäfts auf die Einziehung einer Forderung nicht rechtfertigen könne. Kennzeichnend für private Veräußerungsgeschäfte seien "Anschaffung" und "Veräußerung" des nämlichen Gegenstands. Beide Vorgänge seien durch die Übertragung des Wirtschaftsguts auf einen anderen Rechtsträger gekennzeichnet. Bei der Einziehung einer Forderung fehle jedoch dieses wesentliche Merkmal eines Rechtsträgerwechsels. Die Einziehung der Forderung stelle die Verwertung der Forderung dar und führe zum Erlöschen.
Der Senat hält die Kritik an der älteren BFH-Rechtsprechung für berechtigt und schließt sich der Auffassung an, die eine Gleichsetzung von Veräußerung einer Forderung und Einziehung einer Forderung ablehnt. Die Gleichsetzung von Veräußerung und Einziehung überdehnt nämlich den Wortlaut des § 23 EStG und ist mit dem Rückgriff auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise nicht zu rechtfertigen. Die Forderung des Gläubigers erlischt durch Erfüllung gem. § 362 BGB. Darin ist keine Hingabe von Kapital zu sehen. Im Übrigen fehlt bei der Einziehung der Forderung der die Veräußerung kennzeichnende Rechtsträgerwechsel. Die Problematik der teilweisen Rückzahlung auf die Forderung stellt sich damit nicht mehr.
Der Ansatz von Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften i.H.v. 17.899 € im Einkommensteuerbescheid 2007 war damit zu Unrecht erfolgt. Allerdings war gem. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO die Revision zuzulassen, da der Senat von der oben zitierten älteren Rechtsprechung des BFH abgewichen ist.
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