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Wann müssen sich Wohnungseigentümer das Wissen ihres Verwalters zurechnen lassen?

BGH 4.7.2014, V ZR 183/13

Die Mit­glie­dern ei­ner Woh­nungs­ei­gentümer­ge­mein­schaft müssen sich bei der Durch­set­zung ih­rer An­sprüche das Wis­sen des Ver­wal­ters nur dann als ei­gene Kennt­nis i.S.v. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB ent­spre­chend § 166 BGB zu­grech­nen las­sen, wenn es sich um ge­mein­schafts­be­zo­gene An­sprüche i.S.v. § 10 Abs. 6 S. 3 Fall 1 WEG han­delt oder wenn die Ge­mein­schaft An­sprüche der Woh­nungs­ei­gentümer nach § 10 Abs. 6 S. 3 Fall 2 WEG an sich ge­zo­gen hat.

Der Sach­ver­halt:
Die Bei­ge­la­de­nen und die Be­klag­ten sind Mit­glie­der der kla­gen­den Woh­nungs­ei­gentümer­ge­mein­schaft. Die Wohn­an­lage be­steht aus drei Gebäuden, ei­nes da­von be­wohn­ten die Be­klag­ten. Ne­ben ihm be­fand sich ur­sprüng­lich eine Freifläche. Zu einem zwi­schen den Par­teien strei­ti­gen Zeit­punkt vor ei­ner Be­ge­hung des Gebäudes durch die Ver­wal­te­rin im Juli 2005 war dort eine Be­tonfläche als Grund­lage ei­ner Ter­rasse an­ge­legt wor­den, zu de­ren Voll­en­dung es aber nicht kam.

Auf ih­rer Ver­samm­lung im Mai 2009 fass­ten die Woh­nungs­ei­gentümer mehr­heit­lich den - be­standskräfti­gen - Be­schluss, dass die Be­tonfläche zu be­sei­ti­gen sei und der Er­bauer sie auf ei­gene Kos­ten zurück­zu­bauen und den ur­sprüng­li­chen Zu­stand wie­der­her­zu­stel­len habe. Die Ver­wal­te­rin sollte den Rück­bau schrift­lich ver­lan­gen und bei frucht­lo­sem Ver­strei­chen der Frist vor Ge­richt durch­set­zen. Mit der am 31.12.2009 ein­ge­gan­ge­nen Klage ver­langte die Woh­nungs­ei­gentümer­ge­mein­schaft von den Be­klag­ten den Rück­bau der Fläche. Diese be­rie­fen sich auf Verjährung.

AG und LG wie­sen die Klage ab. Auf die Re­vi­sion der Kläge­rin hob der BGH das Be­ru­fungs­ur­teil auf und wies die Sa­che zur er­neu­ten Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das LG zurück.

Gründe:
Die von der Kläge­rin gel­tend ge­mach­ten An­sprüche (der Woh­nungs­ei­gentümer) auf Be­sei­ti­gung ei­ner Störung des Ge­mein­schafts­ei­gen­tums aus § 1004 Abs. 1 BGB ei­ner­seits und aus § 15 Abs. 3 WEG an­de­rer­seits wa­ren nicht verjährt.

Die re­gelmäßige Verjährung war nach den bis­lang ge­trof­fe­nen Fest­stel­lun­gen nicht mit dem Ende des Jah­res 2008 ab­ge­lau­fen. Die An­sprüche wa­ren mit der An­le­gung der Be­tonfläche spätes­tens im Jahr 2005 ent­stan­den. Dass die übri­gen Woh­nungs­ei­gentümer sämt­lich vor dem 31.12.2005 von der An­le­gung der Be­tonfläche und von der Per­son des­sen, der dies ver­an­lasst hatte, Kennt­nis er­langt hätten, hat das Be­ru­fungs­ge­richt nicht fest­ge­stellt. Woh­nungs­ei­gentümer sind grundsätz­lich auch nicht ge­hal­ten, das Ge­mein­schafts­ei­gen­tum auf Be­einträch­ti­gun­gen durch an­dere Woh­nungs­ei­gentümer oder Dritte zu un­ter­su­chen.

Die Bei­ge­la­de­nen muss­ten sich auch nicht das Wis­sen der Ver­wal­te­rin, das diese vor der Be­schluss­fas­sung im Mai 2009 er­langt hatte, rück­wir­kend zu­rech­nen las­sen. Das Wis­sen des Ver­wal­ters kann den ein­zel­nen Mit­glie­dern ei­ner Woh­nungs­ei­gentümer­ge­mein­schaft bei der Durch­set­zung ih­rer An­sprüche als ei­gene Kennt­nis i.S.v. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB ent­spre­chend § 166 BGB nur zu­ge­rech­net wer­den, wenn es sich um ge­mein­schafts­be­zo­gene An­sprüche i.S.v. § 10 Abs. 6 S. 3 Fall 1 WEG han­delt oder wenn die Ge­mein­schaft An­sprüche der Woh­nungs­ei­gentümer nach § 10 Abs. 6 S. 3 Fall 2 WEG an sich ge­zo­gen hat. Die Zu­rech­nung der Kennt­nis des Ver­wal­ters wirkt im Fall des § 10 Abs. 6 S. 3 Fall 2 WEG nicht auf den Zeit­punkt der Kennt­nis­er­lan­gung zurück.

In­fol­ge­des­sen schied hier hier eine Zu­rech­nung des Ver­wal­ter­wis­sens vor Mai 2009 aus. Be­sei­ti­gungs­an­sprüche aus § 1004 Abs. 1 BGB und aus § 15 Abs. 3 WEG sind keine sog. ge­bo­re­nen ge­mein­schaft­li­chen An­ge­le­gen­hei­ten i.S.v. § 10 Abs. 6 S. 3 Fall 1 WEG. Sie sind viel­mehr sog. ge­ko­rene Ge­mein­schafts­an­ge­le­gen­hei­ten, An­sprüche also, de­ren Durch­set­zung erst da­durch zur Ge­mein­schaft­auf­gabe wird, dass der Ver­band sie an sich zieht. Die Woh­nungs­ei­gentümer ha­ben da­mit zu­re­chen­ba­res Wis­sen erst mit dem Be­schluss aus Mai 2009 er­langt. Die von die­sem Zeit­punkt an lau­fende re­gelmäßige Verjährungs­frist war durch die vor­lie­gende Klage recht­zei­tig ge­hemmt wor­den.

Link­hin­weis:

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