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Schaufensterwerbung ohne Preisangabe kann erlaubt sein

BGH 10.11.2016, I ZR 29/15

Eine Wer­bung (hier: für Hörgeräte), in der kein Preis für das be­wor­bene Pro­dukt an­ge­ge­ben ist, kann nicht als An­ge­bot i.S.d. Richt­li­nie 98/6/EG und - ent­spre­chend - i.S.v. § 1 Abs. 1 S. 1 PAngV an­ge­se­hen wer­den. Die Vor­schrift des § 4 Abs. 1 PAngV er­fasst nicht die reine Wer­bung im Schau­fens­ter durch Präsen­ta­tion der Ware ohne Preis­an­gabe.

Der Sach­ver­halt:
Die Be­klagte be­treibt bun­des­weit Hörgeräteakus­ti­ker-Ge­schäfte. Im Jahr 2012 hatte sie im Schau­fens­ter ih­rer Nie­der­las­sung in Düssel­dorf auf zwei Säulen Hörgeräte zum Tra­gen im Ohr (IdO-Geräte) und zum Tra­gen hin­ter dem Ohr (HdO-Geräte) ohne Preis­aus­zeich­nung präsen­tierte. Ne­ben den Hörgeräten be­fan­den sich auf der an­de­ren Hälfte der Säulen­oberfläche erläuternde Hin­weise zu den Geräten. Ne­ben den Präsen­ta­ti­onssäulen wur­den wei­tere Wa­ren zum Kauf an­ge­bo­ten, dar­un­ter Hörgeräte mit Preis­aus­zeich­nun­gen so­wie an­dere Pro­dukte.

Die Kläge­rin ist die Zen­trale zur Bekämp­fung un­lau­te­ren Wett­be­werbs e.V. Sie hatte die Be­klagte des­we­gen auf Un­ter­las­sung und Er­stat­tung pau­scha­ler Ab­mahn­kos­ten in An­spruch ge­nom­men. Die Klage ist al­ler­dings in al­len In­stan­zen er­folg­los ge­blie­ben.

Die Gründe:
Es be­stand kein Un­ter­las­sungs­an­spruch nach §§ 8, 3, 3a UWG (§ 4 Nr. 11 UWG a.F.) i.V.m. § 1 Abs. 1 S. 1 Fall 1 PAngV, weil die Be­klagte mit ih­rer be­an­stan­de­ten Präsen­ta­tion von Hörgeräten im Schau­fens­ter nicht ge­gen die in die­ser Vor­schrift der Preis­an­ga­ben­ver­ord­nung vor­ge­se­hene Pflicht ver­stoßen hatte.

Die Be­stim­mung des § 1 Abs. 1 S. 1 Fall 1 PAngV hat ihre (al­lei­nige) uni­ons­recht­li­che Grund­lage in der Richt­li­nie 98/6/EG. Der in die­ser Richt­li­nie ver­wen­dete Be­griff des An­bie­tens ist dort nicht de­fi­niert. Nach EuGH-Recht­spre­chung kann ein nor­mal in­for­mier­ter, an­ge­mes­sen auf­merk­sa­mer und verständi­ger Durch­schnitts­ver­brau­cher eine Wer­bung, in der ein Ge­wer­be­trei­ben­der die Be­son­der­hei­ten des be­wor­be­nen Er­zeug­nis­ses und einen Preis, der aus der Sicht des Ver­brau­chers dem Ver­kaufs­preis die­ses Er­zeug­nis­ses gleich­kommt, so­wie ein Da­tum ge­nannt hat, bis zu dem das "An­ge­bot" gültig bleibt, als An­ge­bot des Ge­wer­be­trei­ben­den auf­fas­sen, das Er­zeug­nis zu dem in die­ser Wer­bung ge­nann­ten Kon­di­tio­nen zu ver­kau­fen. Die ge­nann­ten Vor­aus­set­zun­gen müssen da­bei ku­mu­la­tiv erfüllt sein. Des­halb kann eine Wer­bung, in der kein Preis für das be­wor­bene Pro­dukt an­ge­ge­ben ist, nicht als An­ge­bot i.S.d. Richt­li­nie 98/6/EG und - ent­spre­chend - i.S.v. § 1 Abs. 1 S. 1 PAngV an­ge­se­hen wer­den.

Die Be­klagte mus­ste die von ihr im Schau­fens­ter aus­ge­stell­ten Hörgeräte auch nicht gem. § 4 Abs. 1 PAngV durch Preis­schil­der oder Be­schrif­tung aus­zeich­nen. der Tat­be­stand des § 4 Abs. 1 PAngV ein be­reits vor­lie­gen­des An­ge­bot im Sinne von § 1 Abs. 1 S. 1 Fall 1 PAngV vor­aus­setzt. Die Vor­schrift des § 4 Abs. 1 PAngV re­gelt al­lein die Art und Weise, in der die Preis­an­gabe bei sicht­bar aus­ge­stell­ten oder vom Ver­brau­cher un­mit­tel­bar zu ent­neh­men­den Wa­ren zu er­fol­gen hat. Die Be­stim­mung er­fasst nicht die reine Wer­bung im Schau­fens­ter durch Präsen­ta­tion der Ware ohne Preis­an­gabe und geht des­halb nicht über das Schutz­ni­veau der Richt­li­nie 98/6/EG hin­aus.

Das Un­ter­las­sungs­be­geh­ren der Kläge­rin war letzt­lich auch nicht un­ter dem Ge­sichts­punkt des Vor­ent­hal­tens ei­ner we­sent­li­chen In­for­ma­tion aus §§ 8, 3, 5a Abs. 2 UWG begründet. Die zu­letzt ge­nannte Be­stim­mung dient der Um­set­zung des Art. 7 Abs. 1 der Richt­li­nie 2005/29/EG. Die Richt­li­nie 98/6/EG re­gelt je­doch be­son­dere As­pekte i.S.v.v. Art. 3 Abs. 4 der Richt­li­nie 2005/29/EG der ge­ge­be­nen­falls als un­lau­ter ein­zu­stu­fen­den Ge­schäfts­prak­ti­ken in den Be­zie­hun­gen zwi­schen Ge­wer­be­trei­ben­den und Ver­brau­chern wie ins­be­son­dere sol­che, die mit der An­gabe des Ver­kaufs­prei­ses von Er­zeug­nis­sen in Wa­ren­an­ge­bo­ten und in der Wer­bung im Zu­sam­men­hang ste­hen. Da­mit kann die Richt­li­nie 2005/29/EG hin­sicht­lich des in der Richt­li­nie 98/6/EG ge­re­gel­ten As­pekts ei­nes in ei­ner Wer­bung an­ge­ge­be­nen oder an­zu­ge­ben­den Ver­kaufs­prei­ses nicht zur An­wen­dung kom­men.

Link­hin­weise:

  • Der Voll­text die­ser Ent­schei­dung wird demnächst auf den Web­sei­ten des BGH veröff­ent­licht.
  • Für den Voll­text der Ent­schei­dung kli­cken Sie bitte hier.
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