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Preisangaben auf eBay: Letztlich ist das individuell Vereinbarte maßgeblich

BGH 15.2.2017, VIII ZR 59/16

Sind bei Ver­kaufs­ak­tio­nen auf der eBay-In­ter­net­platt­form die Erklärun­gen der Teil­neh­mer nicht aus sich her­aus verständ­lich oder lücken­haft, ist grundsätz­lich zwar der Aus­sa­ge­ge­halt der eBay-AGB ergänzend in die Aus­le­gung der ab­ge­ge­be­nen Wil­lens­erklärun­gen ein­zu­be­zie­hen. Rückt je­doch ei­ner der Teil­neh­mer von den Re­ge­lun­gen der AGB er­kenn­bar ab, kommt de­ren Her­an­zie­hung in­so­weit zur Be­stim­mung des Ver­trags­in­halts nicht mehr in Be­tracht und das in­di­vi­du­ell Ver­ein­barte ist maßgeb­lich.

Der Sach­ver­halt:
Der Be­klagte hatte im Ok­to­ber 2014 über die In­ter­net-Platt­form eBay un­ter Nut­zung der Fest­preis-Funk­tion "So­fort-Kau­fen" ein E-Bike zum Kauf an­ge­bo­ten. An der dafür vom Platt­form­be­trei­ber vor­ge­se­he­nen Stelle hatte der Be­klagte einen So­fort­kauf­preis von 100 € und Ver­sand­kos­ten von 39,90 € ein­ge­tra­gen. Die un­ter Ver­wen­dung von Großbuch­sta­ben und Fett­druck vor­an­ge­stellte Ar­ti­kel­be­zeich­nung lau­tete hin­ge­gen:

"Pe­delec neu ein­ma­lig 2600 € Be­schrei­bung le­sen!!"

Am Ende der Ar­ti­kel­be­schrei­bung hatte der Be­klagte - wie­derum in Großbuch­sta­ben - fol­gende An­ga­ben hin­zu­gefügt:

"Das Fahr­rad ist noch ori­gi­nal ver­packt, kann aber auf Wunsch zu­sam­men­ge­baut wer­den. Bitte Ach­tung, da ich bei der Auk­tion nicht mehr als 100 € ein­ge­ben kann (we­gen der ho­hen Gebühren), erklären Sie sich bei einem Ge­bot von 100 € mit einem Ver­kaufs­preis von 2600 + Ver­sand ein­ver­stan­den. Oder ma­chen Sie mir ein­fach ein An­ge­bot! Danke."

Der Kläger betätigte die Schaltfläche ("But­ton") "So­fort-Kau­fen" auf der An­ge­bots­seite, um das E-Bike zu er­wer­ben. In ei­ner um­ge­hend durch E-Mails über die Höhe des Kauf­prei­ses geführ­ten Kor­re­spon­denz wies der Be­klagte den Kläger auf den in der Ar­ti­kel­be­schrei­bung an­ge­ge­be­nen Kauf­preis von 2.600 € als aus sei­ner Sicht maßgeb­lich hin, während sich der Kläger auf den ein­ge­ge­be­nen und ihm auch in der Kauf­bestäti­gung von eBay ein­schließlich der Ver­sand­kos­ten an­ge­zeig­ten Kauf­preis von 139,90 € be­rief.

Auf die Auf­for­de­rung des Be­kla­gen, den nach sei­ner Auf­fas­sung an­ge­fal­le­nen Kauf­preis bin­nen fünf Ta­gen zu be­zah­len, zahlte der Kläger nur 139,90 € und bat um den Ver­sand des E-Bikes an seine An­schrift. Als der Be­klagte dem nicht nach­kam ver­langte der Kläger ge­richt­lich die Her­aus­gabe und Übe­reig­nung des E-Bikes so­wie den Er­satz vor­ge­richt­li­cher Rechts­an­walts­kos­ten nebst Zin­sen. Die Klage blieb al­ler­dings in al­len In­stan­zen er­folg­los.

Gründe:
Dem Kläger stand der gel­tend ge­machte An­spruch auf Her­aus­gabe und Übe­reig­nung des E-Bikes gem. § 433 Abs. 1 S. 1 BGB nicht zu. Zwar war - wenn auch zu einem Kauf­preis von 2.600 € - zwi­schen den Par­teien ur­sprüng­lich ein Kauf­ver­trag zu­stande ge­kom­men, so dass der Kläger - den (Fort-)Be­stand die­ses Ver­tra­ges vor­aus­ge­setzt - die Überg­abe und Übe­reig­nung des ge­kauf­ten E-Bikes, al­ler­dings nur Zug um Zug ge­gen Zah­lung des zwi­schen den Par­teien gem. § 433 Abs. 2 BGB ver­ein­bar­ten (Rest-) Kauf­prei­ses i.H.v. 2.500 €, hätte ver­lan­gen können. Aus dem Sach­ver­halt er­gab sich aber zu­gleich, dass der Kläger seine nach dem Empfänger­ho­ri­zont des Be­klag­ten ob­jek­tiv auf einen Kauf­preis von 2.600 € lau­tende An­nah­me­erklärung an­schließend gem. § 119 Abs. 1, § 121 Abs. 1, § 143 Abs. 1, 2 BGB wirk­sam we­gen ei­nes In­halts­irr­tums an­ge­foch­ten hatte, so dass es we­gen der da­durch als von An­fang an als nich­tig an­zu­se­hen­den An­nah­me­erklärung gem. § 142 Abs. 1 BGB letzt­lich an einem die Kla­ge­for­de­rung tra­gen­den Ver­trags­schluss der Par­teien fehlte.

Sind bei Ver­kaufs­ak­tio­nen auf der eBay-In­ter­net­platt­form die Erklärun­gen der Teil­neh­mer nicht aus sich her­aus verständ­lich oder lücken­haft und bedürfen sie des­halb der Aus­le­gung, ist grundsätz­lich zwar der Aus­sa­ge­ge­halt der eBay-AGB ergänzend in die Aus­le­gung der ab­ge­ge­be­nen Wil­lens­erklärun­gen ein­zu­be­zie­hen. Rückt je­doch ei­ner der Teil­neh­mer von den Re­ge­lun­gen der eBay-AGB er­kenn­bar in be­stimm­ter Hin­sicht ab, kommt de­ren Her­an­zie­hung in­so­weit zur Be­stim­mung des Ver­trags­in­halts nicht mehr in Be­tracht. Es ist dann viel­mehr das in­di­vi­du­ell Ver­ein­barte maßgeb­lich.

Zum Vor­lie­gen ei­ner An­fech­tungs­erklärung kann es schon genügen, dass der An­fech­tende eine Ver­pflich­tung, die er nach dem ob­jek­ti­ven Erklärungs­wert sei­ner - ge­ge­be­nen­falls durch schlüssi­ges Han­deln getätig­ten - Wil­lensäußerung über­nom­men hat, be­strei­tet oder nicht an­er­kennt oder ihr sonst wi­der­spricht, so­fern sich un­zwei­deu­tig der Wille er­gibt, dass er das Ge­schäft ge­rade we­gen ei­nes Wil­lens­man­gels nicht be­ste­hen­las­sen will. Dies ist auch in Form ei­ner Even­tual­an­fech­tung möglich, die für den Fall erklärt wird, dass das Rechts­ge­schäft nicht den in ers­ter Li­nie be­haup­te­ten In­halt hat oder nicht oh­ne­hin nich­tig ist.

Link­hin­weise:

  • Der Voll­text die­ser Ent­schei­dung wird demnächst auf den Web­sei­ten des BGH veröff­ent­licht.
  • Für den Voll­text der Ent­schei­dung kli­cken Sie bitte hier.
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