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Keine völlig freie Wahl bei der Wahl des Prüfungsverbandes

BGH 10.1.2017, II ZR 10/15

In der Sat­zung ei­nes ge­nos­sen­schaft­li­chen Prüfungs­ver­ban­des können das Prüfungs­recht des Ver­ban­des und die Dul­dungs­pflicht der Ge­nos­sen­schaft in den durch das Ver­eins­recht und das Ge­nos­sen­schafts­recht ge­zo­ge­nen Gren­zen näher aus­ge­stal­tet wer­den. Das Prüfungs­recht kann durch eine Ver­bands­sat­zung, der sich die Ge­nos­sen­schaft durch ih­ren frei­wil­li­gen Bei­tritt un­ter­wor­fen hat, auf Pflichtprüfun­gen er­streckt wer­den, die die Ge­nos­sen­schaft auch durch einen an­de­ren Prüfungs­ver­band, des­sen Mit­glied sie ist, vor­neh­men las­sen könnte.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger ist ein Prüfungs­ver­band gem. § 54 GenG in der Rechts­form des ein­ge­tra­ge­nen Ver­eins, dem die be­klagte Ge­nos­sen­schaft bis zu ih­rem kündi­gungs­be­ding­ten Aus­schei­den als Mit­glied an­gehörte. Der Kläger hatte bei der Be­klag­ten die nach § 53 GenG vor­ge­schrie­be­nen in die­sem Fall jähr­li­chen Pflichtprüfun­gen für die Ge­schäfts­jahre bis ein­schließlich 2011 durch­geführt. Nach­dem die Be­klagte ih­ren Bei­tritt zu einem wei­te­ren Prüfungs­ver­band erklärt hatte, be­auf­tragte sie die­sen mit der Pflichtprüfung 2012, was die­ser Ver­band dem Kläger im No­vem­ber 2012 mit­teilte.

Un­ge­ach­tet des­sen kündigte der Kläger der Be­klag­ten mit im Juli 2013 den Be­ginn der "tur­nusmäßig an­ste­hen­den Prüfungs­ar­bei­ten gem. 53 GenG" an. Die Be­klagte lehnte die Durchführung der Prüfung ab und erklärte im De­zem­ber 2013 die Kündi­gung ih­rer dor­ti­gen Mit­glied­schaft zum nächstmögli­chen Zeit­punkt. Die Frist zur Kündi­gung der Mit­glied­schaft beträgt nach § 7 der Sat­zung des Klägers 24 Mo­nate.

Der Kläger ver­langte von der Be­klag­ten, die ge­setz­li­chen Prüfun­gen gem. § 53 Abs. 1, 2 GenG für die Jahre 2012 und 2013 zu dul­den, und be­gehrte die Fest­stel­lung, dass die Be­klagte die Prüfung für das Jahr 2014 so­wie im Zu­sam­men­hang mit der Prüfungs­ver­fol­gung hin­sicht­lich der Jahre 2013 und 2014 an­fal­lende wei­tere Prüfun­gen bis Ende 2015 zu dul­den habe. Das LG wies die Klage ab. Auf die Be­ru­fung des Klägers hob das OLG die Ent­schei­dung auf und gab der Klage wei­test­ge­hend statt. Die hier­ge­gen ge­rich­tete Re­vi­sion der Be­klag­ten blieb vor dem BGH er­folg­los.

Gründe:
Das Be­ru­fungs­ge­richt war zu­tref­fend da­von aus­ge­gan­gen, dass sich ein Rechts­an­spruch des Prüfungs­ver­ban­des, die ihm an­gehören­den Ge­nos­sen­schaf­ten gem. §§ 53 ff. GenG zu prüfen, im Grund­satz be­reits aus dem Mit­glied­schafts­verhält­nis er­gibt, ohne dass es ei­ner ausdrück­li­chen Sat­zungs­re­ge­lung be­darf. Dem Prüfungs­recht des Ver­ban­des ent­spricht die Ver­pflich­tung der Ge­nos­sen­schaft, die Prüfung zu dul­den.

In der Sat­zung ei­nes ge­nos­sen­schaft­li­chen Prüfungs­ver­ban­des können das Prüfungs­recht des Ver­ban­des und die ihm ent­spre­chende Dul­dungs­pflicht der Ge­nos­sen­schaft in den durch das Ver­eins­recht und das Ge­nos­sen­schafts­recht ge­zo­ge­nen Gren­zen näher aus­ge­stal­tet wer­den. Das Prüfungs­recht kann durch eine Ver­bands­sat­zung, der sich die Ge­nos­sen­schaft durch ih­ren frei­wil­li­gen Bei­tritt un­ter­wor­fen hat, auf Pflichtprüfun­gen er­streckt wer­den, die die Ge­nos­sen­schaft auch durch einen an­de­ren Prüfungs­ver­band, des­sen Mit­glied sie ist, vor­neh­men las­sen könnte. Eine sol­che Kon­stel­la­tion war auch im vor­lie­gen­den Fall ge­ge­ben.

Der Ein­wand der Re­vi­sion, die in der Sat­zung des Klägers nor­mierte Dul­dungs­pflicht der Be­klag­ten be­ziehe sich nur auf die Prüfung als sol­che, nicht aber auf einen be­stimm­ten Prüfungs­ver­band, war un­be­rech­tigt. Ei­ner Sat­zungs­be­stim­mung kann keine bloße In­for­ma­ti­ons­funk­tion i.d.S. bei­ge­legt wer­den, dass den Mit­glieds­ge­nos­sen­schaf­ten le­dig­lich ge­setz­li­che Ver­pflich­tun­gen vor Au­gen geführt wer­den soll­ten. Ge­gen ein sol­ches Verständ­nis spricht vor al­lem, dass die Auf­lis­tung der Mit­glieds­pflich­ten dem Kläger dann nicht die Hand­habe gäbe, die Erfüllung der ihm selbst ob­lie­gen­den Prüfungs­ver­pflich­tung ge­genüber sei­nen Mit­glie­dern auch durch­zu­set­zen.

Die Be­klagte konnte sich ih­rer aus der Sat­zung des Klägers fol­gen­den Ver­pflich­tung, die Pflichtprüfun­gen nach § 53 GenG zu dul­den, zwar durch Aus­tritt bzw. Kündi­gung der Mit­glied­schaft ent­le­di­gen. Hieran war sie durch das ge­setz­li­che Ge­bot, einem Prüfungs­ver­band an­zu­gehören, nicht ge­hin­dert, da sie be­reits Mit­glied ei­nes wei­te­ren Prüfungs­ver­ban­des, des Ver­ban­des war. Al­lein die Begründung ei­ner wei­te­ren Mit­glied­schaft in einem an­de­ren Prüfungs­ver­band be­freite sie je­doch nicht von der ge­genüber dem Kläger be­ste­hen­den Dul­dungs­pflicht, da die Be­klagte das durch die Sat­zung aus­ge­stal­tete Rechts­verhält­nis zum Kläger nicht un­abhängig von der gel­ten­den Kündi­gungs­frist ein­sei­tig zu ih­ren Guns­ten um­ge­stal­ten konnte.

Link­hin­weise:

  • Der Voll­text die­ser Ent­schei­dung wird demnächst auf den Web­sei­ten des BGH veröff­ent­licht.
  • Für den Voll­text der Ent­schei­dung kli­cken Sie bitte hier.
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