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Kein ermäßigter Umsatzsteuersatz für sog. Tracheostomaschutz

FG Düsseldorf 8.2.2017, 4 K 2025/14 Z,EU

Bei dem Tra­cheost­oma­schutz han­delte es sich um ein Watte, Gaze und Bin­den ähn­li­ches Er­zeug­nis der Po­si­tion 3005 KN, wes­halb der ermäßigte Um­satz­steu­er­satz nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. An­lage 2 Nr. 52d) UStG keine An­wen­dung fin­det. In Hin­blick auf die An­lage 2 Nr. 52 Buchst. d) UStG und die An­wen­dung der An­mer­kung 2 zu Ab­schnitt VI wurde al­ler­dings gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO die Re­vi­sion zu­ge­las­sen.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin ist ein Me­di­zin­tech­nik-Un­ter­neh­men, das u.a. Me­di­zin­pro­dukte einführt. Ende 2012 und An­fang 2013 hatte sie bei der in Ka­li­for­nien ansässi­gen Firma S. u.a. einen sog. Tra­cheost­oma­schutz be­stellt. Da­bei han­delt es sich um pflas­terähn­li­che Er­zeug­nisse, die über eine ope­ra­tiv ge­schaf­fene Öff­nung des Tra­cheost­omas ge­klebt wer­den. Beim Ein­at­men dient fein­po­ri­ger Schaum­stoff als Fil­ter, beim Aus­at­men nimmt er Feuch­tig­keit und Wärme der Atem­luft auf, die beim fol­gen­den Ein­at­men wie­der ab­ge­ge­ben wer­den. Die Ware ist zu 30 Stück für den Ein­zel­ver­kauf auf­ge­macht. Sie wird mit Hilfe des Kle­be­strei­fens ober­halb des Tra­cheost­omas be­fes­tigt und ver­hin­dert ein Ein­drin­gen von Staub- und Schmutz­par­ti­keln in die Luftröhre.

Die Kläge­rin mel­dete die Wa­ren am 31.12.2012 und 20.3.2013 je­weils als Teile und Zu­behör für Stimm­pro­the­sen für kehl­kopf­ope­rierte Pa­ti­en­ten beim Zoll­amt Flug­ha­fen B. des Be­klag­ten zur Überführung in den zoll­recht­lich freien Ver­kehr an. Die Zoll­stelle fer­tigte die Wa­ren an­trags­gemäß ab und setzte mit Ein­fuhr­ab­ga­ben­be­schei­den vom 31.12.2012 und 20.3.2013 für die Wa­ren 19% Ein­fuhr­um­satz­steuer fest. Die Kläge­rin be­gehrte mit ih­rem Ein­spruch die An­wen­dung des ermäßig­ten Steu­er­sat­zes als "Vor­rich­tung zum Tra­gen am Körper, zum Be­he­ben ei­nes Funk­ti­ons­scha­dens oder Ge­bre­chens, für Men­schen". Schließlich diene die Ware ne­ben dem Tra­cheost­oma­schutz der Be­he­bung von Funk­ti­ons­schäden und Ge­bre­chen, in­dem sie die Atem­luft fil­tere, anwärme und be­feuchte.

Der Be­klagte wies den Ein­spruch hin­sicht­lich der sog. Ba­sis­plat­ten und des Tra­cheost­oma­schut­zes zurück, da die­ser der Un­ter­po­si­tion 3005 10 00 der Kom­bi­nier­ten No­men­kla­tur (KN) mit einem Ein­fuhr­um­satz­steu­er­satz vom 19% zu­zu­wei­sen sei. Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Al­ler­dings wurde die Re­vi­sion zum BFH zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Auf die Ein­fuhr des Tra­cheost­oma­schut­zes war nicht der ermäßigte Um­satz­steu­er­satz nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. An­lage 2 Nr. 52d) UStG an­zu­wen­den, weil der Tra­cheost­oma­schutz der Po­si­tion 3005 KN zu­zu­wei­sen war.

Die strei­tige Ein­rei­hung rich­tet sich nach dem Wort­laut der Po­si­tio­nen 3005, 9021 und der An­mer­kung 2 zu Ab­schnitt VI der KN. Nach ständi­ger Recht­spre­chung ist im In­ter­esse der Rechts­si­cher­heit und der leich­ten Nachprüfbar­keit das ent­schei­dende Kri­te­rium für die zoll­recht­li­che Ta­ri­fie­rung von Wa­ren all­ge­mein in de­ren ob­jek­ti­ven Merk­ma­len und Ei­gen­schaf­ten zu su­chen, wie sie im Wort­laut der Po­si­tio­nen der KN und der An­mer­kun­gen zu den Ab­schnit­ten oder Ka­pi­teln fest­ge­legt sind (EuGH-Urt. v. 20.11.2014, C-666/13). Die Erläute­run­gen der Kom­mis­sion zur Kom­bi­nier­ten No­men­kla­tur stel­len da­nach ein Wich­ti­ges, wenn auch ein nicht ver­bind­li­ches Er­kennt­nis­mit­tel für die Aus­le­gung der ein­zel­nen Ta­rif­po­si­tio­nen dar.

Bei dem Tra­cheost­oma­schutz han­delte es sich um ein Watte, Gaze und Bin­den ähn­li­ches Er­zeug­nis der Po­si­tion 3005 KN. Zu die­sen ähn­li­chen Er­zeug­nis­sen gehören nach der in Klam­mern ge­fass­ten Aufzählung im Wort­laut der Po­si­tion etwa Ver­band­zeug, Pflas­ter zum Heil­ge­brauch, Senf­pflas­ter. Die­sen ver­gleich­bar ist der aus einem recht­ecki­gen dünnen Stück Schaum­stoff be­ste­hende Tra­cheost­oma­schutz, der mit einem auf ihm an­ge­brach­ten Kle­be­strei­fen ober­halb des Tra­cheost­omas be­fes­tigt wer­den kann. Zu­dem wurde der Tra­cheost­oma­schutz in Pa­ckun­gen zu 30 Stück ein­geführt. Diese Pa­ckun­gen stel­len eine Auf­ma­chung für den Ein­zel­ver­kauf dar.

Eine Ein­rei­hung in die Po­si­tion 9021 KN schied aus. Zwar gehören in diese Po­si­tion auch an­dere Vor­rich­tun­gen zum Tra­gen am Körper und zum Be­he­ben von Funk­ti­ons­schäden und Ge­bre­chen. Die an sich bei ei­ner Kon­kur­renz zwi­schen zwei Po­si­tio­nen an­zu­wen­den­den All­ge­mei­nen Vor­schrif­ten für die Aus­le­gung der KN (AV), ins­be­son­dere der AV 3 a), würden hier so­gar dazu führen, dass der Tra­cheost­oma­schutz der Po­si­tion 9021 zu­zu­wei­sen wäre, weil diese ge­nauer ge­we­sen wäre als die Po­si­tion 3005. Gleich­wohl war die AV 3 a) nicht an­zu­wen­den, weil nach der An­mer­kung 2 zu Ab­schnitt VI Wa­ren, die we­gen ih­rer Auf­ma­chung für den Ein­zel­ver­kauf u.a. zur Po­si­tion 3005 gehören, die­ser Po­si­tion zu­zu­wei­sen sind, auch wenn an­dere Po­si­tio­nen der No­men­kla­tur wie die Po­si­tion 9021 in Be­tracht kom­men.

In Hin­blick auf die An­lage 2 Nr. 52 Buchst. d) UStG und die An­wen­dung der An­mer­kung 2 zu Ab­schnitt VI wurde al­ler­dings gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO die Re­vi­sion zu­ge­las­sen.

Link­hin­weis:

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