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IT-Dienstleistungen an Krankenkassen können umsatzsteuerfrei sein

FG Münster 14.2.2017, 15 K 33/14 U

Nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. f MwSt­Sys­tRL sind Dienst­leis­tun­gen, die Per­so­nen­zu­sam­men­schlüsse an ihre Mit­glie­der zur Ausübung ei­ner nicht steu­er­ba­ren oder steu­er­freien Tätig­keit er­brin­gen, steu­er­frei, so­fern dies nicht zu Wett­be­werbs­ver­zer­run­gen führt. IT-Dienst­leis­tun­gen, die eine eG an Kran­ken­kas­sen er­bringt, sind in­so­weit um­satz­steu­er­pflich­tig.

Der Sach­ver­halt:
Die ehe­ma­lige Kläge­rin, die sich in­zwi­schen im In­sol­venz­ver­fah­ren be­fin­det, ist eine eG, de­ren Mit­glie­der Kran­ken­kas­sen sind. Sie er­brachte ge­genüber ih­ren Mit­glie­dern Be­treu­ungs- und Be­ra­tungs­leis­tun­gen im Be­reich der elek­tro­ni­schen Da­ten­ver­ar­bei­tung. Das Fi­nanz­amt be­han­delte diese Leis­tun­gen als um­satz­steu­er­pflich­tig. Dem­ge­genüber be­rief sich die frühere Kläge­rin auf die un­mit­tel­bare Gel­tung der eu­ro­pa­recht­li­chen Be­frei­ungs­vor­schrift.

Zwi­schen­zeit­lich wurde durch Be­schluss des AG über das Vermögen der Kläge­rin das In­sol­venz­ver­fah­ren eröff­net. Zum In­sol­venz­ver­wal­ter wurde der Kläger be­stellt. Die­ser hat das Ver­fah­ren auf­ge­nom­men.

Das FG gab der Klage voll­umfäng­lich statt. Die Re­vi­sion zum BFH wurde nicht zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Der Kläger kann sich für die von der früheren Kläge­rin ge­genüber ih­ren Mit­glieds­kran­ken­kas­sen er­brach­ten Leis­tun­gen un­mit­tel­bar auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. f) der Richt­li­nie 77/388/EWG und Art. 132 Abs. 1 Buchst. f) MwSt­Sys­tRL be­ru­fen.

Die Mit­glie­der der ehe­ma­li­gen Kläge­rin er­brin­gen als Kran­ken­kas­sen im Rah­men ih­rer ho­heit­li­chen Tätig­keit nicht um­satz­steu­er­bare Leis­tun­gen. Die Mit­glieds­kran­ken­kas­sen sind da­mit Per­so­nen i.S.d. Richt­li­ni­en­vor­schrif­ten, die eine Tätig­keit ausüben, für die sie nicht Steu­er­pflich­tige sind. Die frühere Kläge­rin ist als Ge­nos­sen­schaft ein Zu­sam­men­schluss die­ser Per­so­nen.

Die Be­frei­ung der IT-Dienst­leis­tun­gen von der Um­satz­steuer führt auch nicht zu Wett­be­werbs­ver­zer­run­gen. Es ist nicht er­sicht­lich, dass pri­vate Un­ter­neh­mer in dem von der früheren Kläge­rin ab­ge­deck­ten Markt­seg­ment ver­gleich­bare Leis­tun­gen an­bie­ten würden oder könn­ten. Dem­ent­spre­chend gibt es auch keine Nach­frage für der­ar­tige Leis­tun­gen. Die Tätig­kei­ten set­zen einen un­ein­ge­schränk­ten Zu­griff auf sämt­li­che So­zi­al­da­ten der Mit­glieds­kran­ken­kas­sen vor­aus. Ein der­ar­ti­ger Da­ten­zu­griff durch pri­vate Un­ter­neh­mer ist durch § 80 Abs. 5 Nr. 2 Satz 2 SGB X aber ge­rade nicht zulässig.

Die frühere Kläge­rin kann sich auch auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. f MwSt­Sys­tRL be­ru­fen, weil der deut­sche Ge­setz­ge­ber diese Be­frei­ungs­vor­schrift nicht hin­rei­chend um­ge­setzt hat. Eine hin­rei­chende Um­set­zung liegt be­reits des­halb nicht vor, weil nicht nur in Fällen des § 4 Nr. 14 S. 2 UStG Wett­be­werbs­ver­zer­run­gen nicht zu befürch­ten sind, son­dern auch in Fällen wie dem vor­lie­gen­den. Dem deut­schen Ge­setz­ge­ber kommt in­so­weit keine Ein­schätzungspräro­ga­tive zu, son­dern er hat für alle Sach­ver­halte, in de­nen tatsäch­lich keine Wett­be­werbs­ver­zer­run­gen vor­lie­gen, die Steu­er­be­frei­ung der Richt­li­ni­en­vor­gabe in na­tio­na­les Recht um­zu­set­zen.

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