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Großbäckerei steht keine Steuerbegünstigung für rechtlich selbständige Filialen zu

BFH 21.8.2014, VII R 11/13

Bei Agen­tur­part­nern ei­ner Großbäcke­rei, die für diese als selbständige Han­dels­ver­tre­ter in Form von Fi­lia­len tätig sind, han­delt es sich um Un­ter­neh­men i.S.d. § 2 Nr. 4 StromStG, de­nen die Strom­ent­nahme auch zu­zu­rech­nen ist und so­mit die Steu­er­ent­las­tung zu­steht. Un­er­heb­lich ist, ob sich die als Agen­tur­verträge be­zeich­ne­ten ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­run­gen recht­lich als reine Pacht­verträge qua­li­fi­zie­ren las­sen.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin ist eine Großbäcke­rei, die ihre Pro­dukte über ein Netz von Fi­lia­len ver­treibt, die sie mit Tei­groh­lin­gen be­lie­fert, die dort für den Ver­kauf an die End­kun­den fer­tig ge­ba­cken wer­den. Der Ver­trieb in den Fi­lia­len er­folgt auf der Grund­lage von Agen­tur­verträgen durch Han­dels­ver­tre­ter. Das Er­geb­nis ei­ner Außenprüfung für das Jahr 2007, nach dem die Strom­ent­nah­men nicht der Kläge­rin, son­dern den je­weils von selbständi­gen Han­dels­ver­tre­tern be­trie­be­nen Fi­lia­len zu­zu­rech­nen seien, nahm das Haupt­zoll­amt zum An­lass, die der Kläge­rin rück­wir­kend zum 1.4.1999 er­teilte Er­laub­nis nach § 9 Abs. 4 StromStG a.F., die sich auch auf sämt­li­che Fi­lia­len er­streckte, mit Wir­kung zum 1.10.2010 hin­sicht­lich der Ent­nahme von Strom durch die Fi­lia­len zu wi­der­ru­fen.

Die Kläge­rin hielt da­ge­gen, dass eine zu­tref­fende Aus­le­gung des § 2 Nr. 4 StromStG in zwei Stu­fen er­fol­gen müssen. In einem ers­ten Schritt seien die mögli­chen Zu­rech­nungs­sub­jekte als recht­lich selbständige Ein­hei­ten zu iden­ti­fi­zie­ren, um dann in einem zwei­ten Schritt im Rah­men ei­ner wer­ten­den Ge­samt­be­trach­tung die Strom­ent­nahme zu­zu­rech­nen. Auf der zwei­ten Stufe ver­biete sich aber eine rein for­male Be­trach­tungs­weise.

Das FG wies die ge­gen den Wi­der­ruf ge­rich­tete Klage ab. Auch die Re­vi­sion der Kläge­rin vor dem BFH blieb er­folg­los.

Gründe:
Der Kläge­rin steht in Be­zug auf den in den Fi­lia­len ver­wen­de­ten Strom keine Begüns­ti­gung zu, weil die­ser von ihr nicht zu ei­gen­be­trieb­li­chen Zwecken ent­nom­men wurde. So­mit hatte das Haupt­zoll­amt die gem. § 9 Abs. 4 StromStG der Kläge­rin für die Fi­lia­len er­teilte Er­laub­nis zu Recht wi­der­ru­fen.

Strom­steu­er­recht­lich begüns­tigt ist nach § 2 Nr. 4 StromStG die je­weils klein­ste recht­lich selbstständige Ein­heit und nicht ein Un­ter­neh­mens­ver­bund. Da­bei wer­den nach dem ein­deu­ti­gen Wort­laut des Ge­set­zes Un­ter­neh­men als sol­che und nicht be­stimmte Vorgänge begüns­tigt, bei de­nen Strom ver­braucht wird. Eine Er­laub­nis nach § 9 Abs. 4 StromStG wird per­so­nen­be­zo­gen natürli­chen oder ju­ris­ti­schen Per­so­nen er­teilt. Der Un­ter­neh­mens­be­griff ent­spricht den Vor­ga­ben des Sta­tis­ti­schen Bun­des­am­tes für des­sen Er­he­bun­gen zum Pro­du­zie­ren­den Ge­werbe. Ent­schei­dend für die strom­steu­er­recht­li­che Ein­stu­fung ei­ner Be­triebs­ein­rich­tung als begüns­tig­tes Un­ter­neh­men ist so­mit eine recht­lich selbständige Wahr­neh­mung von Auf­ga­ben, die mit der be­triebs­be­ding­ten Ver­wen­dung von Strom ein­her­geht.

Dies ist bei der Tätig­keit von Kom­mis­sionären, die es gem. § 383 Abs. 1 HGB ge­werbsmäßig über­nom­men ha­ben, in vom Kom­mit­ten­ten zur Verfügung ge­stell­ten Fi­lia­len be­stimmte Pro­dukte für Rech­nung des Kom­mit­ten­ten in ei­ge­nem Na­men zu ver­kau­fen, der Fall. Auch für den Fall der Ver­pach­tung von Ver­kaufs­stel­len an Per­so­nen, die keine An­ge­stell­ten des Un­ter­neh­mens sind, son­dern auf Pro­vi­si­ons­ba­sis im Rah­men ei­ner selbstständi­gen und ei­gen­ver­ant­wort­li­chen Han­dels­ver­tre­tertätig­keit u.a. Pro­dukte des Un­ter­neh­mens veräußern so­wie Ei­gen­ge­schäfte ausführen, hat der Se­nat ent­schie­den, dass der ver­pach­tete Ge­schäfts­be­trieb und nicht etwa der Verpächter als steu­er­begüns­tig­tes Un­ter­neh­men i.S. des § 2 Nr. 4 StromStG an­zu­se­hen ist. Eine Steu­er­ent­las­tung je­doch nicht in den Fällen nicht in Be­tracht, in de­nen ein Un­ter­neh­men des Pro­du­zie­ren­den Ge­wer­bes auf dem ei­ge­nen Be­triebs­gelände einem an­de­ren Un­ter­neh­men Strom zur Verfügung stellt, da­mit Mit­ar­bei­ter die­ses Un­ter­neh­mens im Rah­men ei­nes Werk­ver­trags einen Teil der Pro­duk­tion über­neh­men.

In­fol­ge­des­sen han­delte es sich bei den hier vor­lie­gen­den Agen­tur­part­nern, die für die Kläge­rin als selbständige Han­dels­ver­tre­ter tätig sind, um Un­ter­neh­men i.S.d. § 2 Nr. 4 StromStG, de­nen die Strom­ent­nahme auch zu­zu­rech­nen ist. Schließlich hat die Kläge­rin ih­nen die von ihr ein­ge­rich­te­ten Fi­lia­len ge­gen Zah­lung ei­ner um­satz­abhängi­gen Vergütung zum ei­gen­ver­ant­wort­li­chen Be­trieb über­las­sen. Un­er­heb­lich war, ob sich die als Agen­tur­verträge be­zeich­ne­ten ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­run­gen recht­lich als reine Pacht­verträge qua­li­fi­zie­ren las­sen. Ent­schei­dend für die strom­steu­er­recht­li­che Be­ur­tei­lung des Streit­falls ist viel­mehr die recht­li­che Selbständig­keit der Agen­tur­part­ner i.S.d. § 2 Nr. 4 StromStG und der Um­stand, dass der Strom von den Be­trei­bern der Fi­lia­len zur Ausführung der ver­trag­lich ge­schul­de­ten Tätig­kei­ten ent­nom­men wird.

Link­hin­weis:

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