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Entschädigungen für ehrenamtliche Richterinnen und Richter sind teilweise steuerfrei

BFH 31.1.2017, IX R 10/16

Eh­ren­amt­li­che Rich­te­rin­nen und Rich­ter ha­ben ent­ge­gen der bis­he­ri­gen Auf­fas­sung der Fi­nanz­ver­wal­tung die Ent­schädi­gung für Zeit­versäum­nis nicht zu ver­steu­ern. Steu­er­pflich­tig bleibt dem­ge­genüber die Ent­schädi­gung für Ver­dienst­aus­fall.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger ist nicht­selbständig täti­ger Steu­er­be­ra­ter und Wirt­schaftsprüfer und er­zielte im Streit­jahr 2010 u.a. Einkünfte nach § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG. Er war über­dies im Streit­jahr als eh­ren­amt­li­cher Rich­ter am LG tätig und er­hielt dafür Ent­schädi­gun­gen nach dem JVEG i.H.v. ins­ge­samt 2.885 €. Da­ne­ben er­hielt der Kläger noch Fahrt­kos­ten­er­satz nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 JVEG i.H.v. 239 € und 175 € für Park­gebühren so­wie Auf­wands­er­satz nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 6 JVEG i.H.v. 30 €.

Das Fi­nanz­amt er­fasste die Ent­schädi­gun­gen nach § 16 und § 18 JVEG im Ein­kom­men­steu­er­be­scheid 2010 als steu­er­pflich­tige Ein­nah­men. Die Ent­schädi­gung für Zeit­versäum­nis (565 €) nach § 16 JVEG wurde letzt­lich als sons­tige selbständige Einkünfte nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG und die Ent­schädi­gung für Ver­dienst­aus­fall (2.320 €) nach § 18 JVEG als Einkünfte aus nicht­selbständi­ger Ar­beit nach § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 24 Nr. 1a EStG er­fasst.

Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Auf die Re­vi­sion des Klägers hob der BFH das Ur­teil auf und gab der Klage teil­weise statt.

Die Gründe:
Die auf der Grund­lage von § 16 und § 18 JVEG ge­zahl­ten Ent­schädi­gun­gen für Zeit­versäum­nis und Ver­dienst­aus­fall sind nicht als Ein­nah­men aus ei­ner sons­ti­gen selbständi­gen Ar­beit i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG steu­er­bar. Viel­mehr han­delt es sich bei der nach § 18 JVEG ge­zahl­ten Ent­schädi­gung für Ver­dienst­aus­fall um eine steu­er­bare Ein­nahme nach § 24 Nr. 1a, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG. Der Se­nat folgt in­so­weit nicht der teil­weise im Schrift­tum ver­tre­te­nen Auf­fas­sung, wo­nach die Zah­lun­gen nach dem JVEG von einem be­ste­hen­den Ar­beits­verhält­nis un­abhängig sind und da­mit nicht un­ter § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 24 Nr. 1a EStG fal­len. Denn die Zah­lun­gen nach dem JVEG sol­len nach dem ein­deu­ti­gen Ge­set­zes­wort­laut ("Ent­schädi­gung") an die Stelle an­de­rer - hier nach § 19 EStG steu­er­ba­rer - Ein­nah­men tre­ten. Sie sol­len die fi­nan­zi­el­len Nach­teile ab­gel­ten, die dem Kläger in der Folge sei­ner Tätig­keit als eh­ren­amt­li­cher Rich­ter ent­stan­den sind.

Das FG hatte al­ler­dings zu Un­recht die Ent­schädi­gung für Zeit­versäum­nis nach § 16 JVEG i.H.d. erklärten Be­trags von 540 € der Be­steue­rung un­ter­wor­fen. Sie ist nämlich nicht steu­er­bar. Die Ent­schädi­gung nach § 16 JVEG stellt keine Ent­schädi­gung i.S.d. § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 24 Nr. 1a EStG dar. Denn sie tritt so­wohl nach ih­rem Wort­laut als auch nach ih­rem Sinn und Zweck nicht an die Stelle von ent­gan­ge­nen oder ent­ge­hen­den Ein­nah­men aus nicht­selbständi­ger Ar­beit. Auch eine Steu­er­bar­keit nach § 22 Nr. 3 EStG lag nicht vor. Denn im Rah­men der Tätig­keit als eh­ren­amt­li­cher Rich­ter fehlt es an einem wirt­schaft­li­chen Leis­tungs­aus­tausch.

Hin­ter­grund:
Mit der Ent­schei­dung des BFH wird künf­tig das En­ga­ge­ment der ca. 60.000 eh­ren­amt­li­chen Rich­te­rin­nen und Rich­ter in der or­dent­li­chen Ge­richts­bar­keit und bei den Fach­ge­rich­ten steu­er­recht­lich bes­ser be­han­delt. Wie bis­her ha­ben die eh­ren­amt­li­chen Rich­te­rin­nen und Rich­ter den Auf­wen­dungs­er­satz nach §§ 5 bis 7 JVEG nicht zu ver­steu­ern. Dies gilt nun­mehr auch für die pau­schale Ent­schädi­gung für Zeit­versäum­nis nach § 16 JVEG i.H.v. ak­tu­ell 6 € je Stunde. Die Ent­schädi­gung für Ver­dienst­aus­fall ist dem­ge­genüber wei­ter­hin zu ver­steu­ern. In­so­weit kommt auch der sog. "Eh­ren­amts­frei­be­trag" (§ 3 Nr. 26a EStG) nicht zur An­wen­dung.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
  • Um di­rekt zum Voll­text zu ge­lan­gen, kli­cken Sie bitte hier.
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