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Bilanzierung von Verbindlichkeiten bei Rangrücktritt: Tilgung aus Bilanzgewinn und Liquidationsüberschuss

BFH 10.8.2016, I R 25/15

Der Se­nat hält daran fest, dass eine Ver­bind­lich­keit, die nach ei­ner im Zeit­punkt der Über­schul­dung ge­trof­fe­nen Rangrück­tritts­ver­ein­ba­rung nur aus einem zukünf­ti­gen Bi­lanz­ge­winn und aus einem et­wai­gen Li­qui­da­ti­onsüber­schuss zu til­gen ist, dem Pas­si­vie­rungs­ver­bot des § 5 Abs. 2a EStG un­ter­liegt und der hier­durch aus­gelöste Weg­fall­ge­winn, so­fern er auf dem Ge­sell­schafts­verhält­nis be­ruht, durch den An­satz ei­ner Ein­lage in Höhe des wert­hal­ti­gen Teils der be­trof­fe­nen For­de­run­gen zu neu­tra­li­sie­ren ist.

Der Sach­ver­halt:
In den auf den Schluss der Streit­jahre 2000 bis 2002 er­stell­ten Bi­lan­zen der kla­gen­den GmbH wa­ren Ge­sell­schaf­ter­dar­le­hen in zwei­stel­li­gen Mil­lio­nen­beträgen pas­si­viert. Die Ka­pi­talrück­lage be­lief sich durchgängig auf rund 1,7 Mio. €; dem stan­den je­weils Ver­lust­vorträge und nicht durch das Ei­gen­ka­pi­tal ge­deckte Fehl­beträge ge­genüber, die die Rück­lage um ein Mehr­fa­ches über­tra­fen.

Zur Ab­wen­dung der Krise ver­ein­barte die Kläge­rin mit ih­ren Ge­sell­schaf­tern im Jahr 2002, dass die Ge­sell­schaf­ter­for­de­run­gen "hin­ter die For­de­run­gen an­de­rer Gläubi­ger (mit Aus­nahme der Mit­ge­sell­schaf­ter) zurück­tre­ten (und) ihre Be­frie­di­gung nur aus einem künf­ti­gen Bi­lanz­ge­winn oder aus einem et­wai­gen Li­qui­da­ti­onsüber­schuss (ver­langt wer­den) kann". Das Fi­nanz­amt ver­trat hierzu im An­schluss an eine Außenprüfung die An­sicht, dass die Ge­sell­schaf­ter­dar­le­hen nach § 5 Abs. 2a EStG in den Steu­er­bi­lan­zen der Streit­jahre nicht mehr aus­ge­wie­sen wer­den dürfen und stellte dem­ent­spre­chende Be­scheide aus.

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Es sah die Tat­be­stands­vor­aus­set­zun­gen des § 5 Abs. 2a EStG als nicht ge­ge­ben an. Die Re­vi­sion des Fi­nanz­am­tes war teil­weise er­folg­reich.

Gründe:
Die Re­vi­sion blieb ohne Er­folg, so­weit das FG der Klage ge­gen die Fest­stel­lun­gen der ge­werbe- und körper­schaft­steu­er­li­chen Ver­lust­vorträge auf das Ende der Streit­jahre 2000 und 2001 so­wie ge­gen die Fest­set­zung des Ge­wer­be­steu­er­mess­be­trags 2001 statt­ge­ge­ben hatte. Da­bei war nicht dar­auf ein­zu­ge­hen, ob die im Streit­fall ge­trof­fe­nen Rangrück­tritts­ab­re­den nach der er­trag­steu­er­recht­li­chen Son­der­vor­schrift des § 5 Abs. 2a EStG dazu führen, dass die von den Ab­re­den be­trof­fe­nen Ge­sell­schaf­ter­dar­le­hen in der Steu­er­bi­lanz der Kläge­rin nicht aus­ge­wie­sen wer­den dürfen.

Hier­auf war für die Streit­jahre 2000 und 2001 des­halb nicht ein­zu­ge­hen, weil - was das Fi­nanz­amt of­fen­sicht­lich nicht be­ach­tet hatte - die Rangrück­tritte, so die bin­den­den Fest­stel­lun­gen des FG, erst 2002 ver­ein­bart wur­den und des­halb nach dem Stich­tags­prin­zip des § 242 Abs. 1 HGB, das zu den han­dels­recht­li­chen Grundsätzen ord­nungsmäßiger Buchführung gehört und da­mit - man­gels ei­ner an­ders­lau­ten­den Re­ge­lung in § 5 Abs. 2a EStG - gemäß dem Maßgeb­lich­keits­grund­satz auch er­trag­steu­er­recht­lich zu be­ach­ten ist, frühes­tens zum 31.12.2002 den steu­er­bi­lan­zi­el­len Aus­weis der hier­von be­trof­fe­nen Dar­le­hen be­ein­flus­sen konn­ten. Dem­gemäß wa­ren die Ge­sell­schaf­ter­dar­le­hen für die zu­vor en­den­den Wirt­schafts­jahre (Streit­jahre 2000 und 2001) un­ge­ach­tet des­sen zu pas­si­vie­ren, ob die Kläge­rin über ein hin­rei­chen­des Vermögen verfügt, um die­sen und ih­ren wei­te­ren Ver­pflich­tun­gen nach­zu­kom­men (BFH-Urt. v. 15.4.2015, Az.: I R 44/14).

Dem BFH-Ur­teil vom 15.4.2015 ist im Schrift­tum teil­weise zu­ge­stimmt wor­den. An­dere Au­to­ren sind der Ent­schei­dung aus un­ter­schied­li­chen Gründen ent­ge­gen­ge­tre­ten. Der Se­nat hält aber auch nach er­neu­ter Überprüfung an sei­ner Auf­fas­sung fest. Das Ur­teil fußt auf der durch den Großen Se­nat begründe­ten und zwi­schen­zeit­lich in ständi­ger Recht­spre­chung ver­tre­te­nen Be­ur­tei­lung, dass bei einem auf dem Ge­sell­schafts­verhält­nis be­ru­hen­den Ver­zicht ei­nes Ge­sell­schaf­ters auf seine nicht mehr voll­wer­tige For­de­rung ge­genüber sei­ner Ka­pi­tal­ge­sell­schaft die Ein­lage i.H.d. Teil­werts der For­de­rung an­zu­set­zen ist (Be­schl. v. 9.6.1997, Az.: GrS 1/94). So­mit kann für den Fall ei­nes Rangrück­tritts nichts an­de­res gel­ten. Auch ist nicht er­kenn­bar, wes­halb eine Ein­lage des­halb mit dem Buch­wert be­wer­tet wer­den müsste, weil ein Rangrück­tritt - im Ge­gen­satz zu einem Ver­zicht - den Be­stand der zurück­ge­tre­te­nen For­de­rung un­berührt lässt.

In­fol­ge­des­sen war die Sa­che - im Hin­blick auf die Ent­schei­dung über die Ver­lust­fest­stel­lun­gen zum 31.12.2002 - nicht spruch­reif, da das FG - von sei­nem Stand­punkt aus fol­ge­rich­tig - keine Fest­stel­lun­gen zur ge­sell­schafts­recht­li­chen Ver­an­las­sung des Rangrück­tritts so­wie zum Teil­wert der Dar­le­hens­for­de­run­gen ge­trof­fen hatte. Das vor­in­stanz­li­che Ur­teil war des­halb in­so­weit auf­zu­he­ben und die Sa­che zur an­der­wei­ti­gen Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das FG zurück­zu­ver­wei­sen.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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