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Auch nachrangig Berechtigte können eine Kindergeldbescheinigung verlangen

BFH 27.2.2014, III R 40/13

Auch ein sog. nach­ran­gig Be­rech­tig­ter, also ein Be­rech­tig­ter, des­sen An­spruch ge­genüber der An­spruchs­be­rech­ti­gung ei­ner an­de­ren Per­son gem. § 64 Abs. 2 EStG zurück­tritt, kann die Er­tei­lung ei­ner Be­schei­ni­gung über das für das Ka­len­der­jahr aus­ge­zahlte Kin­der­geld ver­lan­gen. Das Steu­er­ge­heim­nis steht dem nicht ent­ge­gen.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger be­zog für seine Toch­ter bis ein­schließlich Ja­nuar 2009 Kin­der­geld. Nach­dem die Fa­mi­li­en­kasse ihm Ende De­zem­ber 2008 mit­ge­teilt hatte, dass die ge­schie­dene Ehe­frau des Klägers und Mut­ter der Toch­ter als vor­ran­gig Be­rech­tigte bei ihr einen Kin­der­geld­an­trag ge­stellt habe, hob sie die Kin­der­geld­fest­set­zung ge­genüber dem Kläger ab Fe­bruar 2009 auf.

Dar­auf­hin bat der Kläger die Fa­mi­li­en­kasse zunächst um Mit­tei­lung, ob und ggf. seit wann im Jahr 2009 Kin­der­geld für seine Toch­ter an die Kinds­mut­ter ge­zahlt wor­den sei. Die Fa­mi­li­en­kasse ant­wor­tete, die gewünschte Aus­kunft könne we­gen des Steu­er­ge­heim­nis­ses nicht er­teilt wer­den. Der Kläger stellte noch­mals förm­lich einen An­trag auf Er­tei­lung ei­ner Be­schei­ni­gung nach § 68 Abs. 3 EStG. Auch die­sen An­trag lehnte die Fa­mi­li­en­kasse mit der Begründung ab, dass einen sol­chen An­trag nur die Kinds­mut­ter als Be­rech­tigte stel­len könne.

Das FG gab der Klage auf Aus­stel­lung der Kin­der­geld­be­schei­ni­gung statt. Die Fa­mi­li­en­kasse hielt die Aus­le­gung des FG hin­sicht­lich § 68 Abs. 3 EStG für un­zu­tref­fend. Die Re­vi­sion vor dem BFH blieb al­ler­dings er­folg­los.

Die Gründe:
Das FG hatte zu Recht ent­schie­den, dass dem Kläger eine Kin­der­geld­be­schei­ni­gung aus­ge­stellt wer­den muss.

Be­rech­tig­ter i.S.d. § 68 Abs. 3 EStG ist je­der Steu­er­pflich­tige, der An­spruch auf Kin­der­geld gem. § 62 i.V.m. § 63 Abs. 1 EStG hat. Das kann auch ein sog. nach­ran­gig Be­rech­tig­ter sein, also ein Be­rech­tig­ter, des­sen An­spruch ge­genüber der An­spruchs­be­rech­ti­gung ei­ner an­de­ren Per­son gem. § 64 Abs. 2 EStG zurück­tritt. Der Wort­laut des § 68 Abs. 3 EStG bestätigt diese Deu­tung. Zu den Re­ge­lun­gen, die of­fen­kun­dig nur den sog. vor­ran­gig Be­rech­tig­ten an­spre­chen (wie etwa § 75 EStG), gehört die Vor­schrift nicht. § 68 Abs. 3 EStG ist auch nicht da­hin­ge­hend for­mu­liert, dass über das an ihn, also den Be­rech­tig­ten, aus­ge­zahlte Kin­der­geld eine Be­schei­ni­gung aus­zu­stel­len ist.

Die in den Ge­set­zes­ma­te­ria­lien nie­der­ge­legte Ein­schätzung des Ge­setz­ge­bers, dass die zu be­schei­ni­gende "Höhe des aus­ge­zahl­ten Kin­der­gel­des nur in we­ni­gen Fällen im Be­steue­rungs­ver­fah­ren von Be­deu­tung ist", be­trifft die prak­ti­sche Be­deu­tung des § 68 Abs. 3 EStG ins­ge­samt, kann aber kei­nes­falls so in­ter­pre­tiert wer­den, als habe über­haupt nur beim vor­ran­gig Be­rech­tig­ten ein Bedürf­nis für eine Be­schei­ni­gung be­stan­den. Die Fa­mi­li­en­kasse re­du­zierte den Zweck der Be­schei­ni­gung ganz auf de­ren Be­deu­tung für das Be­steue­rungs­ver­fah­ren. Dem ver­mochte der Se­nat nicht zu fol­gen.

Das Steu­er­ge­heim­nis stand der Aus­stel­lung der Kin­der­geld­be­schei­ni­gung nicht ent­ge­gen. Das FG hatte zu Recht auf die Of­fen­ba­rungs­be­fug­nis gem. § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO ab­ge­stellt. § 68 Abs. 3 EStG stellt eine Be­fug­nis­norm i.S.d. § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO dar. Aus ihr geht un­miss­verständ­lich her­vor, dass je­dem Kin­der­geld­be­rech­tig­ten eine Be­schei­ni­gung über das für das Ka­len­der­jahr aus­ge­zahlte Kin­der­geld aus­zu­stel­len ist, auch wenn an den Be­rech­tig­ten selbst we­gen des Vor­rangs ei­nes an­de­ren Be­rech­tig­ten oder we­gen ei­ner Ab­zwei­gung oder Pfändung keine Zah­lung er­folgt ist. Die Norm legt ge­nau fest, un­ter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen (An­trag und ei­gene nach­zu­wei­sende Be­rech­ti­gung) und wel­chem eng um­grenz­ten Per­so­nen­kreis (nur Be­rech­tigte i.S.d. § 62 i.V.m. § 63 Abs. 1 EStG) eine Be­schei­ni­gung zu er­tei­len ist und wel­che In­for­ma­tio­nen darin ent­hal­ten sein dürfen.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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