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Stillschweigender Vertragsschluss durch Energieverbrauch

BGH 2.7.2014, VIII ZR 316/13

Liegt kein schrift­li­cher Lie­fer­ver­trag für Strom vor und ist das mit En­er­gie ver­sorgte Grundstück ver­mie­tet oder ver­pach­tet, ist der Pächter des Grundstücks als Adres­sat des Ver­trags­an­ge­bots an­zu­se­hen. In­dem der Pächter Strom ver­braucht, nimmt er aus ob­jek­ti­ver Sicht des En­er­gie­ver­sor­gungs­un­ter­neh­mens die an ihn ge­rich­tete Realofferte kon­klu­dent an.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin ist ein En­er­gie­ver­sor­gungs­un­ter­neh­men. Der Be­klagte hatte im Ja­nuar 2007 ein von der Kläge­rin mit Strom ver­sorg­tes Grundstück er­wor­ben und im Fe­bruar 2007 an sei­nen Sohn ver­pach­tet. Nach dem Pacht­ver­trag war der Pächter ver­pflich­tet, die Strom­kos­ten auf­grund ei­nes ei­ge­nen Ver­trags mit dem Ver­sor­gungs­un­ter­neh­men zu tra­gen.

Der Pächter ver­brauchte er­heb­li­che Men­gen an Strom, schloss je­doch kei­nen Strom­ver­sor­gungs­ver­trag ab und teilte der Kläge­rin auch nicht mit, dass er Strom ver­brau­che. Die Kläge­rin ließ mehr­fach auf dem Grundstück den Strom­ver­brauch ab­le­sen und schickte die ent­spre­chen­den Rech­nun­gen zunächst an die frühere Grundstücks­ei­gentüme­rin, die der Kläge­rin je­weils mit­teilte, dass sie mit dem Grund­be­sitz nichts mehr zu tun habe. Im De­zem­ber 2012 er­stellte die Kläge­rin ge­genüber dem Be­klag­ten eine Rech­nung für den Zeit­raum Fe­bruar 2008 bis No­vem­ber 2010 i.H.v. rund 32.539 €.

LG und OLG wie­sen die Klage ab. Auch die Re­vi­sion der Kläge­rin vor dem BGH blieb er­folg­los.

Die Gründe:
Die Kläge­rin hat ge­gen den Be­klag­ten als Grundstücks­ei­gentümer kei­nen Zah­lungs­an­spruch für Strom­lie­fe­run­gen i.H.v. 32.539 €.

Zwi­schen der Kläge­rin und dem Be­klag­ten war zu kei­ner Zeit ein En­er­gie­ver­sor­gungs­ver­trag zu­stande ge­kom­men. Schließlich rich­tet sich die Realofferte des En­er­gie­ver­sor­gungs­un­ter­neh­mens ty­pi­scher­weise an den­je­ni­gen, der die tatsäch­li­che Verfügungs­ge­walt über den Ver­sor­gungs­an­schluss am Überg­abe­punkt ausübt. Da es nicht maßgeb­lich auf die Ei­gentümer­stel­lung selbst, son­dern auf die hier­durch ver­mit­telte Verfügungs­ge­walt über den Ver­sor­gungs­an­schluss am Überg­abe­punkt an­kommt, war im vor­lie­gen­den Fall der Pächter des Grundstücks als Adres­sat des Ver­trags­an­ge­bots an­zu­se­hen und nicht der be­klagte Ei­gentümer. In­dem der Pächter Strom ver­brauchte, nahm er aus ob­jek­ti­ver Sicht des En­er­gie­ver­sor­gungs­un­ter­neh­mens die an ihn ge­rich­tete Realofferte kon­klu­dent an.

Die von der Kläge­rin be­haup­tete, ganz ge­ringfügige En­er­gie­ent­nahme durch den Be­klag­ten in dem kurzen Zeit­raum von we­ni­gen Ta­gen zwi­schen Ei­gen­tums­er­werb des Be­klag­ten und Überg­abe des Grundstücks an den Pächter führte zu kei­ner an­de­ren Be­ur­tei­lung. Un­ter Berück­sich­ti­gung der bei­der­sei­ti­gen In­ter­es­sen an sta­bi­len Ver­trags­be­zie­hun­gen, de­ren Par­teien mit an­ge­mes­se­nem Auf­wand zu er­mit­teln sind, sind der­ar­tige kurz­fris­tige und ge­ringfügige En­er­gie­ent­nah­men bei der Fest­stel­lung der Ver­trags­par­teien zu ver­nachlässi­gen.

Link­hin­weise:

  • Der Voll­text die­ser Ent­schei­dung wird demnächst auf den Web­sei­ten des BGH veröff­ent­licht.
  • Für die Pres­se­mit­tei­lung des BGH kli­cken Sie bitte hier.
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