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Spekulationsbesteuerung des Veräußerungsgewinns selbst genutzter Ferienwohnungen

FG Köln 18.10.2016, 8 K 3825/11

Ob eine Zweit­woh­nung ein für eine Ei­gen­nut­zung i.S.d. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG in sei­ner 2. Alt. taug­li­ches Ob­jekt ist, wird nicht ein­heit­lich be­ant­wor­tet. Der Se­nat hält es aber mit dem Ge­set­zes­zweck der Vor­schrift nicht für ver­ein­bar, auch sol­che Zweit­woh­nun­gen zu begüns­ti­gen, die nicht aus be­ruf­li­chen Gründen - etwa im Wege der dop­pel­ten Haus­haltführung - vor­ge­hal­ten und zeit­weise, ggf. auch nur kurz­fris­tig ge­nutzt wer­den, son­dern im We­sent­li­chen für Er­ho­lungs­auf­ent­halte vor­ge­se­hen sind.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin hat seit Ende 1994 ih­ren Haupt­wohn­sitz in Köln. Ihr Va­ter hatte be­reits im Jahr 1966 auf der In­sel Sylt ein Ein­fa­mi­li­en­haus er­rich­tet und mel­dete dort für sich, seine Ehe­frau und seine zwei Kin­der einen Wohn­sitz an. Die Fa­mi­lie nutzte in den Fol­ge­jah­ren das Ob­jekt als Fe­ri­en­haus. Der Haupt­wohn­sitz der Fa­mi­lie be­fand sich bis An­fang der 90er Jahre in S., da­nach ver­la­ger­ten die El­tern und der Sohn den Le­bens­mit­tel­punkt nach Sylt, be­hiel­ten aber das Haus in S. als Wohn­sitz bei.

Nach dem Tod der Mut­ter im Jahr 1996 be­zog der Sohn eine ei­gene Woh­nung auf Sylt. Der Va­ter wohnte fortan al­leine im von ihm er­rich­te­ten Haus auf Sylt. Im März 1998 veräußerte der Va­ter das Haus zu je ½ Mit­ei­gen­tums­an­teil an seine Kin­der; der Kauf­preis be­trug 518.000 DM. An­schließend ver­mie­te­ten die Kin­der ih­rem Va­ter das Ob­jekt und de­kla­rier­ten fortan ent­spre­chende Einkünfte aus Ver­mie­tung und Ver­pach­tung. Das Miet­verhält­nis wurde im No­vem­ber 2004 be­en­det. Laut Steu­er­un­ter­la­gen wurde das Ob­jekt fortan selbst­ge­nutzt.

Im Juni 2006 er­warb die Kläge­rin von ih­rem Bru­der sei­nen ½ -An­teil zu einem Kauf­preis i.H.v. 200.000 €. Be­reits im Sep­tem­ber 2006 veräußerte sie das Haus an einen Drit­ten für 2,5 Mio. €. In ih­rer Ein­kom­men­steu­er­erklärung für das Streit­jahr 2006 erklärte die Kläge­rin kei­nen Veräußerungs­ge­winn aus dem Ver­kauf. Das Fi­nanz­amt berück­sich­tigte zunächst kei­nen Veräußerungs­ge­winn son­dern im We­sent­li­chen Einkünfte aus nicht­selbständi­ger Tätig­keit i.H.v. 113.132 €. Später änderte es die Ein­kom­men­steuer 2006 und setzte die Steuer mit 932.625 € fest. Für das Haus auf Sylt wurde ein steu­er­pflich­ti­ger Veräußerungs­ge­winn nach § 23 EStG i.H.v. 2,1 Mio. € zu­grunde ge­legt. An­schaf­fun­gen (1998 und 2006) und Veräußerung (2006) seien in­ner­halb von zehn Jah­ren er­folgt. Es läge keine Nut­zung zu ei­ge­nen Wohn­zwe­cken vor.

Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Al­ler­dings wurde die Re­vi­sion zu­ge­las­sen. Das Ver­fah­ren ist beim BFH un­ter dem Az. IX R 37/16 anhängig.

Die Gründe:
Die Vor­aus­set­zun­gen gem. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG in Be­zug auf den hälf­ti­gen Mit­ei­gen­tums­an­teil der Kläge­rin an dem Ob­jekt auf Sylt, den sie von ih­rem Va­ter er­wor­ben hatte, la­gen vor.

Die Kläge­rin hatte den Mit­ei­gen­tums­an­teil im März 1998 an­ge­schafft und in­ner­halb der 10-jähri­gen Spe­ku­la­ti­ons­frist, nämlich im Sep­tem­ber 2006 wie­der veräußert. Zwar be­trug zum Zeit­punkt des Er­werbs die Spe­ku­la­ti­ons­frist noch zwei Jahre. Nach § 52 Abs. 39 S. 1 EStG galt die neue Frist von zehn Jah­ren erst­mals ab dem Ver­an­la­gungs­zeit­raum 1999, be­zog aber - rück­wir­kend - auch be­reits er­wor­bene Grundstücke ein, so­fern der Ver­trag über die Veräußerung erst im Jahr 1999 oder später ge­schlos­sen wurde. Auch aus­ge­hend vom BVerfG-Be­schl. v. 7.7.2010 (2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05) un­ter­lag das pri­vate Veräußerungs­ge­schäft der Kläge­rin be­tref­fend dem vom Va­ter er­wor­be­nen Mit­ei­gen­tums­an­teil vollständig der Be­steue­rung gem. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG, weil mit des­sen Er­werb im März 1998 un­ter Berück­sich­ti­gung der sei­ner­zei­ti­gen Spe­ku­la­ti­ons­frist von zwei Jah­ren bis zum 31.3.1999 kein - auch kein an­tei­lig ent­stan­de­ner - Spe­ku­la­ti­ons­ge­winn hätte steu­er­frei rea­li­siert wer­den können.

Die Kläge­rin konnte für den vom Va­ter er­wor­be­nen Mit­ei­gen­tums­an­teil auch nicht die Aus­nahme des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG in An­spruch neh­men, denn es la­gen we­der die Vor­aus­set­zun­gen der Alt. 1 noch die der Alt.2 vor. Auf­grund der Ver­mie­tung an den Va­ter stand die Nut­zung des Ob­jekts dem Va­ter zu, so dass das Ein­fa­mi­li­en­haus der Kläge­rin nicht während des (ge­sam­ten) Zeit­raums zwi­schen An­schaf­fung und Veräußerung je­der­zeit zur selbständi­gen Nut­zung zur Verfügung stand. Eine Ei­gen­nut­zung i.S.d. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG in sei­ner 2. Alt. kam nach Auf­fas­sung des Se­nats be­reits des­halb nicht in Be­tracht, weil es sich bei dem Ob­jekt auf Sylt um eine Zweit­woh­nung der Kläge­rin han­delte, die sie nicht aus be­ruf­li­chen Gründen vor­hielt, son­dern für Fe­ri­en­auf­ent­halte ge­nutzt hatte.

Ob eine Zweit­woh­nung ein für eine Ei­gen­nut­zung i.S.d. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG in sei­ner 2. Alt. taug­li­ches Ob­jekt ist, wird nicht ein­heit­lich be­ant­wor­tet. Der Se­nat hält es aber mit dem Ge­set­zes­zweck des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG nicht für ver­ein­bar, auch sol­che Zweit­woh­nun­gen zu begüns­ti­gen, die nicht aus be­ruf­li­chen Gründen - etwa im Wege der dop­pel­ten Haus­haltführung - vor­ge­hal­ten und zeit­weise, ggf. auch nur kurz­fris­tig ge­nutzt wer­den, son­dern im We­sent­li­chen für Er­ho­lungs­auf­ent­halte vor­ge­se­hen sind. Da­bei lässt er sich zunächst von der Über­le­gung lei­ten, dass es sich bei der Vor­schrift um eine Aus­nahme von der Be­las­tungs­grund­satz­ent­schei­dung des Ge­setz­ge­bers han­delt, pri­vate Veräußerungs­ge­schäfte der Be­steue­rung zu un­ter­wer­fen. Der Aus­nah­me­tat­be­stand muss da­her, um gleich­heits­wid­rige Er­geb­nisse zu ver­mei­den, streng an­hand des nor­ma­ti­ven Len­kungs- und Förder­zwecks le­gi­ti­miert wer­den.

Link­hin­weis:

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