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Ermäßigter Steuersatz auf Leistungen eines Berufsjockeys für Teilnahme an Leistungsprüfungen für Tiere?

FG Münster 12.2.2015, 5 K 1383/13 U

Die Teil­nahme an Pfer­de­ren­nen gehört nicht zu den in  An­hang VII Mehr­wert­steu­er­sys­tem­richt­li­nie ge­nann­ten Tätig­kei­ten. Un­er­heb­lich ist, ob eine Teil­nahme an Pfer­de­ren­nen be­grifflich noch als Leis­tung im Rah­men der "Tier­zucht" an­ge­se­hen wer­den kann, Jo­ckey­leis­tun­gen die­nen letzt­lich nicht "un­mit­tel­bar" der Tier­zucht oder der Leis­tungs- und Qua­litätsprüfung in der Tier­zucht.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger war in den Streit­jah­ren 2005 bis 2007 als selbstständi­ger Be­rufs­renn­rei­ter (Jo­ckey) tätig. Ei­gene Pferde besaß er nicht. Pfer­de­ei­gentümer be­auf­trag­ten ihn zur Teil­nahme an Ren­nen. Für je­des ein­zelne Ren­nen er­hielt der Kläger ein sog. (ein­fa­ches) Reit­geld. Bei ei­ner Plat­zie­rung er­hielt er zusätz­lich sog. Rei­ter­pro­zente, de­ren Höhe sich nach dem er­ziel­ten Platz und dem für das je­wei­lige Ren­nen aus­ge­lob­ten Preis­geld rich­tete. Bei einem 1. Platz wurde das Reit­geld ver­dop­pelt. Die vom ver­an­stal­ten­den Ver­ein aus­ge­lob­ten Preis­gel­der stan­den den Pfer­de­ei­gentümern zu.

Im Fall ei­ner Plat­zie­rung er­hielt der Kläger eine Gut­schrift über die Reit­gel­der und Rei­ter­pro­zente. Die Gut­schrif­ten wur­den über eine Zahl­stelle ab­ge­rech­net. Die Dif­fe­renz zwi­schen dem an den Jo­ckey aus­ge­zahl­ten Be­trag und dem aus­ge­lob­ten Preis­geld stand den Pfer­de­ei­gentümern zu. Im Fall ei­ner Nicht­plat­zie­rung er­hielt der Kläger die Gut­schrift sei­nes Reit­gel­des di­rekt vom Pfer­de­ei­gentümer.

Der Kläger ver­steu­erte die er­lang­ten Ent­gelte zum ermäßig­ten Um­satz­steu­er­satz. Das Fi­nanz­amt war der Auf­fas­sung, die Ent­gelte un­terlägen dem Re­gel­steu­er­satz und er­ließ ent­spre­chende Um­satz­steuer-Ände­rungs­be­scheide. Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Al­ler­dings wurde zur Fort­bil­dung des Rechts die Re­vi­sion zum BFH zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Die Ritt­leis­tungs­umsätze des Klägers wa­ren nicht gem. § 12 Abs. 2 UStG ermäßigt zu be­steu­ern.

Der Kläger hatte keine Leis­tun­gen gem. § 12 Abs. 2 Nr. 3, 3. Fall UStG (Teil­nahme an Leis­tungsprüfun­gen für Tiere) er­bracht. Die Vor­schrift ist nicht nach dem iso­lier­ten Wort­laut, son­dern ein­schränkend aus­zu­le­gen. Sie ist im Wege der Aus­le­gung uni­ons­rechts­kon­form auf sol­che Leis­tun­gen zu be­schränken, die land­wirt­schaft­li­cher Art sind. Bei der Aus­le­gung des na­tio­na­len Um­satz­steu­er­rechts hat der Se­nat sich so­weit wie möglich am Wort­laut und dem Zweck der ein­schlägi­gen uni­ons­recht­li­chen Be­stim­mun­gen aus­zu­rich­ten (EuGH-Ur­teil v. 11.7.2002, Rz.: C-62/00 -Marks und Spen­cer, BGH-Be­schl. v. 10.7.2012, Az.: XI R 22/10). Die Vor­schrift be­ruht auf der uni­ons­recht­li­chen Ermäch­ti­gung gem. Art. 12 Abs. 3a, 3. Un­ter­abs. 6. EGRL i.V.m. An­hang H Nr. 10 (ab 2007: Art. 98 Mehr­wert­steu­er­sys­tem­richt­li­nie i.V.m. An­hang III Nr. 11; Mehr­wert­steu­er­sys­tem­richt­li­nie).

Al­ler­dings kommt eine richt­li­ni­en­kon­forme Aus­le­gung nur in Be­tracht, wenn es ver­schie­dene Aus­le­gungsmöglich­kei­ten gibt. Eine Aus­le­gung ge­gen den Wort­laut und Wort­sinn des Ge­setz­ge­bers ist nicht möglich. Der Wort­laut lässt zwar alle Ar­ten der "Teil­nahme" an Leis­tungsprüfun­gen für alle Ar­ten von Tie­ren zu. Aus dem Wort­laut der deut­schen Re­ge­lung kann al­ler­dings auch nicht her­ge­lei­tet wer­den, dass der Ge­setz­ge­ber die Steu­er­begüns­ti­gung um­fas­send gewähren wollte. Nach Auf­fas­sung des Se­nats be­steht kein Grund, die De­fi­ni­tion der land­wirt­schaft­li­chen Er­zeu­gung im Hin­blick auf die Steu­er­ermäßigung und die Pau­schal­re­ge­lung der Mehr­wert­steu­er­sys­tem­richt­li­nie un­ter­schied­lich zu fas­sen. Beide Re­ge­lun­gen die­nen letzt­lich der Begüns­ti­gung der Land­wirt­schaft. Al­ler­dings soll die Land­wirt­schaft nicht ge­ne­rell mit al­len ih­ren Betäti­gun­gen steu­er­lich begüns­tigt wer­den, son­dern nur mit sol­chen, die in der Mehr­wert­steu­er­sys­tem­richt­li­nie ge­nannt sind.

Die Teil­nahme an Pfer­de­ren­nen gehört nicht zu den in  An­hang VII Mehr­wert­steu­er­sys­tem­richt­li­nie ge­nann­ten Tätig­kei­ten. Un­er­heb­lich war, ob eine Teil­nahme an Pfer­de­ren­nen be­grifflich noch als Leis­tung im Rah­men der "Tier­zucht" an­ge­se­hen wer­den kann, denn Tier­zucht­leis­tun­gen gehören nur dann zur land­wirt­schaft­li­chen Er­zeu­gung, wenn sie "i.V.m. der Bo­den­be­wirt­schaf­tung" er­fol­gen. Dies war bei den vor­lie­gen­den Ritt­leis­tun­gen nicht der Fall. In­so­fern schied auch eine Steu­er­ermäßigung gem. § 12 Abs. 2 Nr. 4 UStG aus, denn es fehlte am Merk­mal der Un­mit­tel­bar­keit und der Zweck­be­zo­gen­heit für die land­wirt­schaft­li­che Er­zeu­gung. Zwar war die An­sicht, eine Jo­ckey­leis­tung stelle letzt­lich auch eine Leis­tung im Rah­men der Pfer­de­zucht dar, nicht völlig un­ver­tret­bar. Die streit­be­fan­ge­nen Jo­ckey­leis­tun­gen des Klägers dien­ten je­doch nicht "un­mit­tel­bar" der Tier­zucht oder der Leis­tungs- und Qua­litätsprüfung in der Tier­zucht.

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