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Steuerberatung

Erbschaftsteuerreform im Vermittlungsverfahren - Verhandlungen vertagt

Der Bun­des­rat hat am 8.7.2016 dem im Bun­des­tag am 24.6.2016 be­schlos­se­nen Ge­setz zur An­pas­sung des Erb­schaft­steuer- und Schen­kung­steuer an die Recht­spre­chung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts nicht zu­ge­stimmt und for­dert, den Ver­mitt­lungs­aus­schuss an­zu­ru­fen. Nach­dem bei ers­ten Ver­hand­lun­gen am 8.9.2016 kein Er­geb­nis er­zielt wer­den konnte, wurde die Dis­kus­sion auf den 21.9.2016 ver­tagt.

Der Ent­schei­dung des Bun­des­rats war die Be­schluss­emp­feh­lung sei­nes Fi­nanz­aus­schus­ses vom 30.6.2016 vor­aus­ge­gan­gen, aus der sich die Kri­tik­punkte des Bun­des­rats er­ge­ben. So wird eine Über­ar­bei­tung in fol­gen­den Be­rei­chen für er­for­der­lich er­ach­tet:

  • Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men sol­len durch einen Vorab-Ab­schlag von bis zu 30 % vom begüns­tig­ten Vermögen ent­las­tet wer­den, wenn be­stimmte Verfügungs-, Aus­schüttungs- und Ab­fin­dungs­be­schränkun­gen ge­sell­schafts­ver­trag­lich vor­ge­se­hen sind. Diese An­for­de­run­gen bedürfen nach Auf­fas­sung des Fi­nanz­aus­schus­ses des Bun­des­rats der Präzi­sie­rung. Auch wird die Aus­nahme von Mit­ge­sell­schaf­ter aus der Verfügungs­be­schränkung ab­ge­lehnt.
  • Nach dem Re­form­ge­setz ist die Op­ti­ons­ver­scho­nung nicht mehr da­von abhängig, dass eine Ver­wal­tungs­vermögens­quote von 10 % nicht über­schrit­ten wird. Der Fi­nanz­aus­schuss for­dert die Wie­der­auf­nahme der bis­he­ri­gen 10 %igen Wert­grenze.
  • An­ders als zunächst im Ge­setz­ent­wurf vor­ge­se­hen schließt das Re­form­ge­setz Be­tei­li­gun­gen an ge­werb­lich geprägte Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten so­wie an be­stimm­ten Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten nicht aus dem Kreis des begüns­ti­gungsfähi­gen Vermögens aus. Der Fi­nanz­aus­schuss for­dert die Auf­nahme die­ser Ein­schränkung.
  • Al­ters­vor­sor­ge­vermögen zählt nach dem Re­form­ge­setz nicht zum Ver­wal­tungs­vermögen. Der Fi­nanz­aus­schuss des Bun­des­rats sieht hier al­ler­dings eine De­cke­lung ent­spre­chend des bei Über­tra­gung real vor­han­de­nen Be­stands an Al­ters­vor­sor­ge­ver­pflich­tun­gen vor.
  • Der Fi­nanz­aus­schuss sieht die Ge­fahr der Wie­der­be­le­bung der sog. „Cash-GmbH“, da bei einem Ver­wal­tungs­vermögens­an­teil von un­ter 90 % durch den Frei­be­trag für Fi­nanz­mit­tel von 15 % und den Frei­be­trag für Ver­wal­tungs­vermögen von 10 % den­noch knapp 27,5 % des Be­triebs­vermögens erb­schaft­steu­er­lich begüns­tigt wer­den würden.
  • Bei Er­werb von begüns­tig­tem Vermögen über 26 Mio. Euro kann nach dem Ab­schmelz­mo­dell ein um einen Pro­zent­punkt je volle 750.000 Euro, die die Schwelle von 26 Mio. Euro über­schrei­ten, ge­min­der­ter Ver­scho­nungs­ab­schlag ge­nutzt wer­den. Der Fi­nanz­aus­schuss des Bun­des­rats for­dert ein stu­fen­lo­ses Ab­schmel­zen ohne 750.000 Euro-Stu­fen. Auch sollte die Ab­schmel­zung bei der Op­ti­ons­ver­scho­nung bis auf null ge­hen und nicht - wie im Re­form­ge­setz vor­ge­se­hen - bei Über­schrei­ten ei­ner 90 Mio. Euro-Grenze ent­fal­len.
  • Bei Er­werb von To­des we­gen sieht das Re­form­ge­setz eine zins­lose Stun­dung der auf begüns­tig­tes Vermögen ent­fal­len­den Steuer bis zu zehn Jahre vor. Der Fi­nanz­aus­schuss lehnt die Stun­dung ab und for­dert, diese zu strei­chen.
  • Schließlich wird auch die Ände­rung bei der Be­mes­sung des Un­ter­neh­mens­werts ab­ge­lehnt, weil diese zu ei­ner ganz er­heb­li­chen und un­mit­tel­bar auf­kom­mens­wirk­sa­men Sen­kung der her­an­zu­zie­hen­den Werte um rund 30 % führen würde.

Hinweis

Sollte ein Ver­mitt­lungs­er­geb­nis am 21.9.2016 er­zielt wer­den können, könnte das Ge­setz­ge­bungs­ver­fah­ren zügig, ggf. bis Ende Sep­tem­ber 2016, ab­ge­schlos­sen wer­den. An­dern­falls droht ein wei­te­res Tätig­wer­den des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts, wie die­ses be­reits vor der par­la­men­ta­ri­schen Som­mer­pause an­gekündigt hatte.

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HINTERGRUND

Am 20.6.2016 - und da­mit äußerst knapp vor Ab­lauf der vom Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt bis zum 30.6.2016 ge­setz­ten Frist - hat­ten sich die Re­gie­rungs­par­teien auf Bun­des­ebene auf eine Re­form des Erb­schaft­steu­er­ge­set­zes ge­ei­nigt. Auf Grund des Be­schlus­ses des BVerfG vom 17.12.2014 sind Ände­run­gen bei den erb­schaft­steu­er­li­chen Begüns­ti­gun­gen von Be­triebs­vermögen er­for­der­lich.

Be­reits am 22.6.2016 legte der Fi­nanz­aus­schuss des Bun­des­tag eine Be­schluss­emp­feh­lung zum Erb­schaft­steu­er­re­form­ge­setz vor und mo­di­fi­zierte da­durch den Ge­setz­ent­wurf aus Juli 2015. Der Bun­des­tag be­schloß das Ge­setz in die­ser Fas­sung am 24.6.2016.

We­sent­li­che Ände­run­gen des be­schlos­se­nen Re­form­ge­set­zes sind:

  • Zwar sind wei­ter­hin eine Re­gel­ver­scho­nung von 85 % und eine Op­ti­ons­ver­scho­nung von 100 % des begüns­tig­ten Be­triebs­vermögens vor­ge­se­hen, je­doch wird ent­ge­gen der bis­he­ri­gen Re­ge­lung sog. Ver­wal­tungs­vermögen grundsätz­lich aus der Ver­scho­nung aus­ge­nom­men.
  • Die Er­mitt­lung so­wohl des begüns­tig­ten Be­triebs­vermögens als auch des Ver­wal­tungs­vermögens wird punk­tu­ell mo­di­fi­ziert. Da­bei wer­den u. a. Fi­nanz­mit­tel dem nicht begüns­tig­ten Ver­wal­tungs­vermögen zu­ge­rech­net, so­weit diese 15 % des Werts des ge­sam­ten Be­triebs­vermögens über­stei­gen. Ver­wal­tungs­vermögen von bis zu 10 % des Be­triebs­vermögens wird dem begüns­tig­ten Be­triebs­vermögen als Li­qui­ditätspuf­fer zu­ge­rech­net (sog. Schmutz­klau­sel). Um­ge­kehrt gilt aber Be­triebs­vermögen, das zu mehr als 90 % aus Ver­wal­tungs­vermögen be­steht, insg. als nicht begüns­tigt. Da­mit soll Steu­er­ge­stal­tun­gen, wie z. B. sog. „cash-GmbHs“, ent­ge­gen ge­wirkt wer­den. Neu ist zu­dem, dass das Ver­wal­tungs­vermögen bei mehrstöcki­gen Ge­sell­schafts­struk­tu­ren im Rah­men ei­ner Ver­bunds­vermögens­auf­stel­lung kon­so­li­diert zu er­mit­teln ist.
  • Durch eine In­ves­ti­ti­ons­klau­sel wird im Erb­fall er­hal­te­nes Ver­wal­tungs­vermögen den­noch als begüns­tig­tes Be­triebs­vermögen be­han­delt, wenn die­ses gemäß dem früheren Wil­len des Erb­las­sers in­ner­halb von zwei Jah­ren nach dem Erb­fall für Un­ter­neh­mens­in­ves­ti­tio­nen ein­ge­setzt wird.
  • Wird Be­triebs­vermögen von min­des­tens 26 Mio. Euro je Er­wer­ber über­tra­gen, soll eine Bedürf­nisprüfung er­for­der­lich sein, so dass die Begüns­ti­gun­gen so­weit nicht gewährt wer­den, als der Er­wer­ber die Steuer mit der Hälfte sei­nes Pri­vat­vermögens be­glei­chen kann.
  • An­stelle der Bedürf­nisprüfung kann das Ab­schmelz­mo­dell gewählt wer­den. Da­bei re­du­ziert sich der Ver­scho­nungs­ab­schlag um einen Pro­zent­punkt je die Prüfschwelle von 26 Mio. Euro über­stei­gende 750.000 Euro. Ab einem Er­werb von 89,75 Mio. Euro im Falle der Re­gel­ver­scho­nung bzw. 90 Mio. Euro im Falle der Op­ti­ons­ver­scho­nung entfällt die Ver­scho­nung ins­ge­samt.
  • Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men mit ge­sell­schafts­ver­trag­li­chen Verfügungs-, Ab­fin­dungs- so­wie Aus­schüttungs- und Ent­nah­me­be­schränkun­gen wer­den da­durch be­son­ders begüns­tigt, dass ein Ab­schlag auf den Fir­men­wert von max. 30 % vor­ge­nom­men wer­den kann. Die Be­schränkun­gen müssen dazu zwei Jahre vor und 20 Jahre nach dem Zeit­punkt des Erb­falls bzw. der Schen­kung vor­lie­gen.
  • Klein­be­triebe wer­den künf­tig von der Lohn­sum­men­re­ge­lung aus­ge­nom­men, wenn sie bis zu fünf Ar­beit­neh­mer be­schäfti­gen. Bei Be­trie­ben mit bis zu 15 Be­schäftig­ten sind ge­stuft ge­rin­gere An­for­de­run­gen an die Lohn­sum­menprüfung vor­ge­se­hen.
  • Die Er­mitt­lung des Un­ter­neh­mens­werts nach dem ver­ein­fach­ten Er­trags­wert­ver­fah­ren wird mo­di­fi­ziert, in­dem ein dem der­zei­ti­gen nied­ri­gen Zins­ni­veau ent­spre­chen­der ge­rin­ge­rer Ka­pi­ta­li­sie­rungs­fak­tor berück­sich­tigt wird. Der­zeit beträgt der Fak­tor 17,86. Die­ser wird sich künf­tig in­ner­halb ei­nes Kor­ri­dors von 10 bis ma­xi­mal 12,5 be­we­gen.
  • Im Erb­fall kann die auf begüns­tig­tes Vermögen ent­fal­lende Erb­schaft­steuer bis zu zehn Jahre zins­los ge­stun­det wer­den. Dies be­trifft da­mit die bei der Re­gel­ver­scho­nung auf die ver­blei­ben­den 15 % des begüns­tig­ten Be­triebs­vermögens ent­fal­lende Steuer oder die Steuer, die nach Durchführung der Be­darfsprüfung bei Er­wer­ben von großem Un­ter­neh­mens­vermögen an­ge­fal­len ist.

 

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