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Wirtschaftsprüfung

Auswirkungen der Niedrigzinsphase auf Jahresabschlüsse

Die an­hal­tend nied­ri­gen Geld­markt­zin­sen wir­ken sich zu­min­dest in­di­rekt auch auf die Rech­nungs­le­gung bzw. auf die Jah­res­ab­schlüsse der Un­ter­neh­men aus.

Seit annähernd ei­ner De­kade no­tie­ren die Zin­sen nun - be­dingt durch die ex­pan­sive Geld­po­li­tik der Zen­tral­ban­ken - auf einem his­to­ri­sch nied­ri­gen Ni­veau. Da über die Zin­sen, etwa im Rah­men der Be­wer­tung von For­de­run­gen, der Zeit­wert des Gel­des oder die Er­geb­nisse von Vor­teil­haf­tig­keits­be­rech­nun­gen in der Rech­nungs­le­gung bzw. in den Jah­res­ab­schlüssen von Un­ter­neh­men ab­ge­bil­det wer­den, hat die Höhe des Zins­ni­veaus einen nicht un­er­heb­li­chen Ein­fluss auf den Aus­sa­ge­ge­halt die­ser Be­richts­in­stru­mente. Wenn auch keine un­mit­tel­bare Kau­sa­lität zwi­schen Geld­markt­zin­sen und Dis­kon­tie­rungssätzen be­steht, führen nied­ri­gere Geld­markt­zin­sen prak­ti­sch auch zu sin­ken­den Dis­kon­tie­rungs­zinssätzen.

Pensionsrückstellungen: Rechnungszinsfuß von 6% verfassungswidrig© Fotolia

Abschreibungen aufgrund von Werthaltigkeitstests werden unwahrscheinlicher

In IFRS-Kon­zern­ab­schlüssen ist der jähr­lich durch­zuführende Wert­hal­tig­keits­test für die kei­nen planmäßigen Ab­schrei­bun­gen un­ter­lie­gen­den Ge­schäfts- oder Fir­men­werte oder Mar­ken (Im­pair­ment Only-Ap­proach) von zen­tra­ler Be­deu­tung. Im Rah­men die­ser Wert­hal­tig­keits­tests wird der Buch­wert der be­trach­te­ten Vermögens­werte mit dem Bar­wert des ihm zu­re­chen­ba­ren Zah­lungs­stroms ver­gli­chen, wo­bei der Bar­wert mit­tels ei­nes Dis­coun­ted Cash-Flow-Ver­fah­rens (DCF-Ver­fah­ren) be­rech­net wird. Je nied­ri­ger der zur Dis­kon­tie­rung des be­wer­tungs­re­le­van­ten Zah­lungs­stroms her­an­ge­zo­gene Zins­satz ist, desto höher ist des­sen Bar­wert und desto un­wahr­schein­li­cher wer­den außer­planmäßige Ab­schrei­bun­gen. Der vor­ste­hend skiz­zierte Wir­kungs­zu­sam­men­hang be­trifft auf der Ak­tiv­seite sämt­li­che Vermögens­werte, de­ren Be­wer­tung ein Bar­wert­kalkül zu­grunde liegt. Mit Aus­nahme der­je­ni­gen Vermögens­werte, die in der IFRS-Rech­nungs­le­gung ge­ne­rell zum Zeit­wert be­wer­tet wer­den (z.B. In­vest­ment Pro­per­ties), bil­den die je­weils (fort­geführ­ten) An­schaf­fungs- oder Her­stel­lungs­kos­ten da­bei die Be­wer­tungs­ober­grenze.

Höherbewertung von Altersvorsorgeverpflichtungen nur aufgeschoben

Nied­rige Dis­kon­tie­rungs­zinssätze ha­ben auch Aus­wir­kun­gen auf die Be­wer­tung von Ver­bind­lich­kei­ten und Rück­stel­lun­gen, die mit ih­rem Erfüllungs­be­trag an­zu­set­zen sind. Die be­deu­tends­ten Zin­sef­fekte er­ge­ben sich in der Re­gel bei den lang­fris­ti­gen Al­ters­ver­sor­gungs­ver­pflich­tun­gen. Im Durch­schnitt stei­gen die Pen­si­onsrück­stel­lun­gen um rund 15 %, wenn der Dis­kon­tie­rungs­zins­satz um einen Pro­zent­punkt sinkt.

Der Ge­setz­ge­ber hat den er­war­te­ten, zum Teil ver­hee­ren­den bi­lan­zi­el­len Be­las­tun­gen aus dem an­hal­tend nied­ri­gen Zins­ni­veau Rech­nung ge­tra­gen und am 18.2.2016 eine Ände­rung der Er­mitt­lung des Rech­nungs­zin­ses für die Ab­zin­sung von han­dels­recht­li­chen Pen­si­onsrück­stel­lun­gen be­schlos­sen: Die­sem liegt nun­mehr der Durch­schnitts­zins der ver­gan­ge­nen zehn statt sie­ben Jahre zu­grunde. Da­mit beträgt der re­le­vante Dis­kon­tie­rungs­zins zum 31.12.2016 nun­mehr 4,01 % (Zehn­jah­res­durch­schnitt) an­statt 3,24 % (Sie­ben­jah­res­durch­schnitt). Die po­li­ti­sch ver­hin­derte Ei­gen­ka­pi­talauf­zeh­rung, die sich durch den verlänger­ten Er­mitt­lungs­zeit­raum er­gibt, ist je­doch aus­schüttungs­ge­sperrt.

Durch diese Maßnahme wird die zinsin­du­zierte Höher­be­wer­tung der Al­ters­ver­sor­gungs­ver­pflich­tun­gen nur auf­ge­scho­ben - je­doch nicht auf­ge­ho­ben. Soll­ten die Zin­sen in der Zu­kunft kon­stant nied­rig blei­ben, wer­den die han­dels­recht­li­chen Pen­si­onsrück­stel­lun­gen wei­ter stei­gen, weil der Durch­schnitts­zins­satz der ver­gan­ge­nen zehn Jahre im Zeit­ab­lauf den­noch fal­len wird. Die­ser Ef­fekt wird ggf. wei­ter verzögert, wenn die Po­li­tik den Zeit­raum der Durch­schnitts­zins­be­rech­nung er­neut aus­wei­tet.

Im IFRS-Ab­schluss kommt es hin­ge­gen nicht zu ent­spre­chen­den zinsin­du­zier­ten Be­las­tun­gen, da die Ab­zin­sung un­verändert auf der Grund­lage erst­ran­gi­ger, fest­ver­zins­li­cher Markt­ren­di­ten er­folgt.

Planungssicherheit durch Defined Contribution-Pläne

Um die Kos­ten im Zu­sam­men­hang mit Al­ters­ver­sor­gungsplänen zu be­gren­zen und Pla­nungs­si­cher­heit zurück zu er­hal­ten, könn­ten Un­ter­neh­men künf­tig ent­we­der zurück­hal­ten­der bei der Ver­gabe neuer Ver­sor­gungs­verträge sein oder aber auch zu­neh­mend dazu über­ge­hen, auf De­fi­ned Contri­bu­tion-Pläne zu wech­seln, bei de­nen der Ar­beit­ge­ber einen fes­ten Bei­trag (Contri­bu­tion) zur Be­triebs­rente leis­tet. Es wird an­ders als bei einem De­fi­ned Be­ne­fit-Plan keine Aus­zah­lung in ei­ner be­stimm­ten Höhe ga­ran­tiert, wo­durch die Un­ter­neh­men Pla­nungs­si­cher­heit bezüglich der zukünf­ti­gen Kos­ten der Al­ters­ver­sor­gung ge­win­nen.

Bilanzierungsregeln können zu einer verzerrten Darstellung im Jahresabschluss führen

Ein nied­ri­ges bzw. wei­ter sin­ken­des Zins­ni­veau be­ein­flusst die Ak­tiv- und Pas­siv­seite der Bi­lanz nicht glei­chermaßen: Auf der einen Seite erhöhen sich die Bar­werte er­war­te­ter Mit­tel­abflüsse, was zu auf­wands-, aber nicht li­qui­ditätswirk­sa­men Rück­stel­lungs­erhöhun­gen führt. Auf der an­de­ren Seite dürfen bis auf be­stimmte Aus­nah­men nach IFRS die in Folge sin­ken­der Zinssätze stei­gen­den Bar­werte er­war­te­ter Mit­tel­zuflüsse nicht über die (fort­geführ­ten) An­schaf­fungs- und Her­stel­lungs­kos­ten ge­zeigt wer­den. Un­ter­neh­men sind hier­von be­trof­fen, weil sich die im han­dels­recht­li­chen Ab­schluss ge­zeigte Lage un­ter sonst glei­chen Be­din­gun­gen ver­schlech­tert und z. B. Fi­nan­cial Co­ven­ants an bi­lan­zi­elle Kenn­zah­len anknüpfen, ob­wohl das ver­schlech­terte Bild nicht zwangsläufig die La­ge­be­ur­tei­lung nach be­triebs­wirt­schaft­li­chen Ge­sichts­punk­ten wi­der­spie­gelt.
 

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